Methodik zur Determinierung repräsentativer und relevanter Testszenarien für prädiktive Sicherheitsfunktionen
Produktform: Buch
Mit steigenden Kundenanforderungen an die Fahrzeugsicherheit gewinnt die Weiterentwicklung von prädiktiv kollisionsvermeidenden Fahrzeugfunktionen an Bedeutung. Beim Abtesten jener prädiktiven Sicherheitsfunktionen sind Automobilhersteller mit zwei wesentlichen Herausforderungen konfrontiert:
Einerseits muss die Wirksamkeit der Sicherheitsfunktionen hinsichtlich der Kollisionsvermeidung und -folgenminderung vor der Markteinführung prospektiv bewertet werden. Hierfür sind repräsentative Testszenarien erforderlich, die die Komplexität des Realverkehrs unter Berücksichtigung der Ressourcenverfügbarkeit bestmöglich abbilden. Andererseits wird den Anforderungen an die Robustheit der Funktionsauslösung eine wichtige Bedeutung beigemessen, um sowohl die Kundenakzeptanz als auch den Sicherheitsgewinn der Funktionen im Straßenverkehr zu maximieren. Deshalb benötigen Automobilhersteller für die Funktionsentwicklung relevante Testszenarien. Vor diesem Hintergrund zielt die vorliegende Dissertation auf die Erarbeitung einer Methodik zur Auswahl von repräsentativen und relevanten Testszenarien ab.
Bezugnehmend auf diese Zielsetzung wird eine Wissensbasis anhand der Literatur geschaffen. Zunächst erfolgt die Aufbereitung von fachbereichsspezifischen Begriffsdefinitionen der Repräsentativität, da dieser Begriff in der Wissenschaft und Praxis unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten zulässt. Darüber hinaus wird eine Übersicht über die in der bisherigen Forschung bekannten Methoden zur Szenarienauswahl erstellt. Diese Übersicht ermöglicht die Gegenüberstellung einzelner Methodeneigenschaften.
Basierend auf der aufbereiteten Wissensbasis wird zuerst die für die Problemstellung dieser Arbeit geeignete Begriffsdefinition der Repräsentativität herausgearbeitet. Anschließend folgt die Kritik am Stand der Wissenschaft im Bereich der Szenarienauswahl. Die Zielsetzung dieser Arbeit sowie die Kritik am Stand der Wissenschaft münden in die Ableitung der Anforderungen an die Eigenschaften einer zu erarbeitenden Szenarienauswahlmethodik. Anhand dieser Anforderungen werden fünf in dieser Arbeit zu beantwortende Forschungsfragen formuliert. Diese widmen sich der Leistungsfähigkeit eines neuartigen hybriden Clusteringalgorithmus, der Quantifizierbarkeit der Repräsentativität, der Möglichkeit zum Einbeziehen von fünf Skalenniveaus (binär, nominal, ordinal, metrisch und zeitvariant) und der Gewichtung relevanter Szenarienparameter sowie derer Ausprägungen.
Anschließend erfolgt die Entwicklung einer neuen Szenarienauswahlmethodik, deren Eigenschaften die gestellten Anforderungen methodisch erfüllt. Eine besondere Stellung nehmen dabei der hybride Clusteringalgorithmus aus dem hierarchisch agglomerativen und dem partitionierenden Gruppierungsprinzip, die kombinierte Distanzmetrik und zwei Gewichtungsschemata für die Einstellbarkeit der Relevanz einzelner Szenarienparameter sowie Ausprägungen ein.
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wird die entwickelte Szenarienauswahlmethodik auf eine Datenbank mit naturalistischen Fahrdaten angewendet. Der erstellte Versuchsplan stellt acht Analyseziele dar, die neben den aufgestellten fünf Forschungsfragen die Robustheit des neuen Hybridalgorithmus, die Sensitivität der benutzerdefinierten Distanzschwelle sowie den Einfluss möglicher Messfehler in der verwendeten Datenbank adressieren. Die Ergebnisse zeigen die vielseitige Einsetzbarkeit der entwickelten Methodik. Ein Grund hierfür besteht darin, dass der Hybridalgorithmus eine mit herkömmlichen Algorithmen vergleichbare Leistungsfähigkeit aufweist. Mithilfe der kombinierten Distanzmetrik ist zudem das gleichzeitige Einziehen von fünf unterschiedlichen Skalenniveaus der Szenarienparameter möglich. Darüber hinaus bewirken die frei parametrierbare Distanzschwelle sowie zwei Gewichtungsschemata die funktionsrelevanzorientierte Änderung der Clusteringergebnisse und damit einhergehend die Auswahl von Testszenarien.weiterlesen