Mutterseelenallein # 2
Das Tabu der Schönheit in Kunst und Psychoanalyse
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Das Wort schön ist die natürliche Hauptmetapher der Kunst, des Kunstdiskurses und der Kunsttheorie. Jedoch ist es schon lange tabu, ein Kunstwerk schön zu nennen oder überhaupt im Kunstdiskurs von einem Schönen zu sprechen. Wenn Psychoanalytiker Bilder, Musik oder Filme interpretieren, umgehen sie diese Frage durch die Auswahl von Werken, die von der Zeit geadelt sind und einen großen Namen haben, der ihnen wie von selbst das Prädikat schön oder eines seiner Derivate verleiht. Diese Haltung hat gewiß ihr historisches Recht; sie ist jedoch zugleich die Frucht einer Vermeidung. Deren Zentrum liegt darin begründet, daß alle Menschen schöne Dinge sehen und alle Künstler schöne Werke herstellen wollen – und daß die Sache dem einen Widerstand entgegenbringt. Dieser Widerstand kann immer nur für den sich andauernd wieder entziehenden Moment, den Moment der Schönheit eben, überwunden werden. Was aber ist die Sache?
Dieser Begriff, der bei Hegel für die Anforderungen steht, die von dem in seiner Zeit zu schaffenden Kunstwerk an den Künstler ergehen, bereitet Reiche so auf, daß er zugleich für die Anforderungen steht, die von einer durchzuführenden Psychoanalyse an den Analytiker und an den Analysanden ergehen. Die Psychoanalyse hat einen ihr eigenen Zugang zur ästhetischen Erfahrung und zur Schönheit. Dieser Zugang besteht gerade nicht in irgendeiner Anwendung irgendwelchen psychoanalytischen Wissens auf irgendwelche Kunstwerke, sondern er besteht in ihr selbst. Aus dieser gemeinsamen
Schnittmenge von Kunstwerk und Psychoanalyse ergeben sich die methodischen Linien eines psychoanalytischen
Zugangs zum Kunstwerk – jenseits von Psychopathographie des Künstlers und jenseits einer Tiefenhermeneutik des unbewußten Gehalts.weiterlesen
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