Je mehr sich der vielfach ausgezeichnete Übersetzer Simon Werle mit seiner Übertragung griechischer Tragödien in die Antike versenkte, desto stärker gewann er den Eindruck, es gehe von den altgriechischen Texten ein eigentümlicher Sog zum Weiterdichten aus. So entstand im Laufe eines Jahrzehnts eine Serie von acht dramatischen Dichtungen, die klassische Heldinnen wie Antigone und Medea neu beleuchten, sich vor allem aber mit Gestalten wie dem von Apollo gehäuteten Satyr Marsyas oder dem in einen Hirsch verwandelten Jäger Aktaion auf dramatisches Neuland wagen. Ein höchst ungewöhnliches Unterfangen: die Mutation der Antike in dramatische Dichtung des 21. Jahrhunderts.
Werle verzichtet auf vordergründige Aktualisierung und sucht innerhalb der antiken Bildwelt die Auseinandersetzung mit Grundfragen der Politik, der Ästhetik, der Philosophie und der klassischen Schicksalstragödie. Der Leser hat die Chance, sich einzulassen auf Begegnungen mit einer nur scheinbar fernen Welt der menschlichen Bäume, der Kentauren und sprechenden Zecken, der Feldherren und Philosophen, und nicht zuletzt mit den Gottheiten des klassischen Griechenland und des alten Ägypten.
Inhalt:
HIPPOLYTOS. Der Menschenbaum
MELOS. Die Invasion
MARSYAS. Der Wettstreit
AKTAION. Die Verwandlung
MEDEA. Das Sonnenfleisch
THEBEN. Die Botschaft
NAUKRATIS. Die Doppelstadt
APELLES UND KAMPASPE. Das Vexierbildweiterlesen