Bis vor wenigen Jahren spielte die Kolonialzeit im Geschichts­bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit eine untergeordnete Rolle. Dies ändert sich langsam. Die Diskussionen um Kolonialdenkmäler, koloniale Straßennamen und vor allem um den von Deutschen in Namibia begangenen Völkermord an Herero und Nama sind nicht länger nur akademischen Debatten vorbehalten. Zivilgesellschaftliche Initiativen mischen sich ein und thematisieren allenthalben die bis in die Gegenwart anhaltenden Folgen kolonialer Eroberungspolitik. Bisher weitgehend unbeeinflusst von dieser Diskussion werden Relikte der deutschen Kolonialzeit in Namibia immer noch als positive touristische Standortfaktoren vermarktet. »Schmucke Kolonialgebäude«, der »Reiter von Südwest« oder das immer wieder als »südlichstes Seebad Deutschlands« bezeichnete Städtchen Swakopmund befördern die Glorifizierung kolonialer Herrschaft. Im Jahr 2018 besuchten etwa 120.000 deutsche Touristinnen und Touristen Namibia. Für viele von ihnen ist die deutsche koloniale Vergangenheit des Landes ein wichtiges Reisemotiv. Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierten sich auch Nachfahren der ersten deutschen Siedler in der »Historischen Denkmalkommission Südwestafrikas«, die zwischen 1948 und 1990 insgesamt 96 Denkmäler, Kirchen, Gräber, Friedhöfe, Missionsstationen und Gebäude zu »nationalen Denkmälern« erklärte. 85 von diesen erinnern an die deutsche Zeit im Lande. Die so geschaffene Erinnerungslandschaft spiegelt vor allem ein eurozentrisches Geschichtsbewusstsein. Bernd Heyl blickt hinter die Fassaden dieser Gebäude, hinterfragt die Denkmäler und verweist auf die afrikanische Perspektive. Auch im Deutschen Reich wurde das koloniale Projekt schon vor über 100 Jahren heftig kritisiert. Heyl nimmt diese kritische Haltung zum kolonialen Imperialismus auf und hebt das Recht der namibischen Völker auf Selbstbestimmung hervor.weiterlesen