Nicht einmal Klavier
Eine Hausmusikkomödie
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Ein Amateur hat’s schwer … speziell wenn Hausmusik seine bisher einzige Leidenschaft war, diese jedoch plötzlich durch die noch größere zu einer bekennenden »Unmusikalischen« Konkurrenz erhält.
In Wiens musikalischer Unterwelt ist allem Anschein nach ein eigenes Team von Datumforschern damit beschäftigt, in jedem Kalenderjahr den Jahrestag irgendeines gedenkenswerten Ereignisses im Privatleben von Starkomponisten aufzuspüren, dem dann das gesamte Musikleben im Stile heidnischer Ritualopfer dargebracht wird. Die kleine Unlogik, dass es eigentlich dem Wesen eines Opfers widerspricht, etwas ausschließlich Vergnügliches zu tun, fällt dabei gegenüber dem ungeheuren Vorteil, ein ganzes Jahr zum Gedenkjahr ernennen zu können, gar nicht ins Gewicht. Denn sonst würde der Saison in den Augen der Wiener der Glanz ebenso fehlen wie einer Vorstellung ihrer Staatsoper ohne ausländischen Gast.
Das Problem der Datumforscher besteht darin, dass Wiens große Söhne nicht annähernd so viele Geburtstage wie Kompositionen hinterlassen haben, und dass sich diese Geburtstage mit bestem Willen nicht öfter als alle 25 Jahre feiern lassen. Da man sich aber vorläufig noch nicht dazu durchringen konnte, auch der Hochzeits- und Erstkommuniontage großer Komponisten würdig zu gedenken – sosehr diese zu Freudenfesten geeignet wären –, muss der musikalische Festkalender Wiens häufig genug mit Todestagen sein Dasein fristen.
Wie alle Notbehelfe hat auch dieser einen kleinen Schönheitsfehler: der Tod gilt sogar in musikalischen Kreisen eher als traurig, und ein so frühzeitiger wie der von Wiens Liebling ganz besonders.
Trotzdem feierte Wien in diesem schicksalsschweren Lebensjahr des Dr. Livius Kohlhaupt fröhlich die Wiederkehr des 175. Todestages des wienerischesten aller so genannten Ernsten Wiener Komponisten.
Dass dieses Gedenkjahr sich als ein unendlich viel denkwürdigeres Gedenkjahr als andere Gedenkjahre herausstellte, weil es Wiens Amateurmusiker jäh aus ihrer weltabgewandten Heimkunstpflege herausriss und in höchste Aufregung versetzte, lag allerdings nicht an Franz Schubert, sondern an einem satanischen Schachzug der Stadtverwaltung. In diesem Schubertjahr erzitterten die Wohnungen der Wiener Hausmusiker nämlich unter den Tritten einer selbst für Österreich außergewöhnlich skurrilen Neuschöpfung auf dem Gebiet origineller Staatsorgane: Es waren die Tritte der gefürchteten Wiener Kammermusikinspektoren.
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