Die Formen der medizinischen Non Fiktion spannen sich von erzählenden Darstellungen wie Freuds »Analyse der Phobie eines fünfjährigen Knaben« oder Patientenberichten über Biographien wie Mukherjees »A Biography of Cancer«, kasuistische Krimis wie den »Case Reports« bis hin zu Manifesten wie dem der elf Neurowissenschaftler über Gegenwart und Zukunft der Hirnforschung. Stilistisch reicht medizinische Non Fiktion von wissenschaftlichen Diskursen über Methodiken und journalistische Schreibweisen bis hin zu individuellen Erfahrungszeugnissen. Und zu ihr gehören strukturierende Betrachtungen wie die Anwendung medizinisch-diagnostischer Begriffe auf Mensch, Gesellschaft und Kultur oder umgedreht die mitunter sogar moralische Bewertung und Metaphorisierung von Krankheiten, wie sie Sontags Klassiker »Illness as Metaphor« zeigt. Das ist ein weites Feld. Der vorliegende Band will Anregungen geben, dieses Feld zu bearbeiten.
Inhalt: Brigitte Boothe: Die Krankengeschichte – Martina King: Herzensergießungen kunstliebender Ärzte. Praktische Heilkunde und Literatur um 1800 – Horst-Jürgen Gerigk: August Strindberg. Fremdbild und Selbstbild im Bannkreis von »Pathographie« und »Poetologie« – Liliane Weissberg: Vom Auge zum Ohr und zurück. Zur Entstehung der Freudschen Fallstudien Wolfgang U. Eckart: »Gefehlt hat uns bis jetzt in Deutschland …« Editorials deutschsprachiger medizinischer Zeitschriften des 19. Jahrhunderts als Beispiele nonfiktionaler Prosa – Alexander Honold: Die Kolonautin. Giulia Enders: »Darm mit Charme« – Katrin Max: Robert Koch und Rudolf Virchow im Dokudrama. »Robert Koch, der Bekämpfer des Todes« (1939) – »Berühmte Ärzte der Charité« (1981–83) – Charité (2017) – Karin Tebben: Kulturkritik in medizinischer Diktion. Max Nordaus »Entartung« (1892/93)weiterlesen