Braucht der Mensch fremde Hilfe, um die nach seinen eigenen Maßstäben
vernünftigen Entscheidungen treffen zu können und damit dem Ideal von
einem guten Leben näherzukommen? Wenn ja, darf oder muss der Staat
diese Aufgabe übernehmen und das bisweilen irrationale, selbstschädigende
Verhalten der Bürger durch kleine „Anschubser“ (engl. Nudges) korrigieren?
Das Buch „Nudge: Improving Decisions About Health, Wealth and Happiness“
von Cass Sunstein und Richard Thaler hat diese Fragen aufgeworfen
und damit in verschiedenen Zweigen der Wissenschaft Diskussionen
ausgelöst. Schon der Begriff des Nudging selbst und das damit in engem
Zusammenhang stehende Konzept eines libertären Paternalismus sind dabei
allerdings bisher unklar geblieben. Die Autorin widmet sich einer für die
Zwecke der Rechtswissenschaft anschlussfähigen Begriffsbestimmung und
Klassifikation der in der Praxis eingesetzten Nudging-Maßnahmen sowie
ihrer Einordnung in die etablierten staatlichen Steuerungsformen.
Aus der Steuerungsperspektive werden vergleichend Vor- und Nachteile
des Instrumentariums untersucht. In einer detaillierten verfassungsrechtlichen
Untersuchung zeigt die Autorin auf, dass der Einsatz von Nudges zur
Förderung von Gemeinwohlzwecken im Allgemeinen mit den Grundrechten
der Steuerungsadressaten vereinbar ist. Verfassungsrechtliche Schwierigkeiten
sieht sie demgegenüber bei Nudges mit rein oder auch nur primär
paternalistischer Intention, wenn und soweit diese die Schwelle zum Grundrechtseingriff
überschreiten.weiterlesen