Ordnung, Moral und Zwang / Ordre, morale et contrainte
Administrative Versorgungen und Behördenpraxis / Internements administratifs et pratique des autorités
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Soziale Risiken waren in der Schweiz lange Zeit nicht ausreichend versichert. Ein Teil der Bevölkerung blieb im Bedarfsfall vom Ermessen der Fürsorge- und Vormundschaftsbehörden abhängig. Besonders arbeitslose, kranke oder verarmte Personen wurden in geschlossene Anstalten eingewiesen statt finanziell unterstützt. Die gesetzlichen Grundlagen ermöglichten es, solche administrativen Versorgungen mit «Arbeitsscheu», «Liederlichkeit» und «Trunksucht» zu begründen. Mit diesen moralisierenden Kategorien wiesen die Behörden die Schuld für die Versorgungen den Betroffenen zu. In den untersuchten Kantonen Freiburg, Schwyz, Waadt und Zürich gaben sie ausdrücklich an, mit den getroffenen Massnahmen Personen zu disziplinieren und zu bestrafen. Nicht selten vom nahen Umfeld angeregt, stabilisierten Versorgungen eine hierarchisch-patriarchale Gesellschaftsordnung, die Männern in der Ehe die Rolle des Ernährers zuwies und Frauen die der Hausfrau und Mutter. Dass diese Verfahren keinen Erfolg garantierten, die Gewaltenteilung bei ihrer Anordnung mitunter missachtet und teilweise nicht einmal ein Rekurs gegen die Entscheide vorgesehen war, wurde von einzelnen Verantwortlichen zwar kritisiert, doch selbst das Bundesgericht stellte die administrativen Versorgungen im Grundsatz nicht infrage. Die Kantone beharrten auf dieser Möglichkeit, ins Leben ihrer Bürger einzugreifen, statt deren Persönlichkeitsrechte zu schützen. Erst die Ratifikation der Europäischen Menschenrechtskonvention, die ab 1974 auch in der Schweiz angewendet wurde, führte zu einem Umdenken.weiterlesen
Dieser Artikel gehört zu den folgenden Serien
58,00 € inkl. MwSt.
kostenloser Versand
lieferbar - Lieferzeit 10-15 Werktage
zurück