Es ist vor allem das Fremde, das George Tabori bei seiner Inszenierung von Shakespeares „Othello“ fasziniert haben mag. Tabori zeigt in Karl-Ernst Herrmanns einfachem Spielraum eine heutige Männergesellschaft: militärisch, großsprecherisch, trinkfreudig. Voll gefährlicher Infantilität, nur scheinbar locker. Der Mohr hat sich hier eingefügt, sich mit der ihm eigenen Souveränität, die aus dem Leiden kommt, eine geachtete Stellung erobert. Doch er ist keiner von ihnen. Er wohnt nahe am Chaos. Sein Absturz vollzieht sich in der Entfesselung von Naturgewalten, die Gert Voss mit geradezu magischer Kraft beschwört. […] Das Sensationelle an der Gestaltung durch Voss ist die Anverwandlung des Fremden. Nicht mit äußerlicher Brillanz wird die Figur eines Schwarzen hergestellt, vielmehr scheint ein Mensch in einen anderen zu schlüpfen. Kaum etwas erinnert an den Schauspieler, den man kennt, Hoch auf einem schmalen, gefährlichen Grat der Schauspielkunst sieht der Zuschauer einen neuerfundenen Menschen traumwandlerisch sicher gehen und verfolgt jeden Schritt, jede Bewegung, jede Äußerung mit vor Spannung fiebernder Anteilnahme. DIE WELT
Mit: Anne Bennent, Giorgia Cavini, Elisabeth Orth; Günter Einbrodt, Florentin Groll, Ignaz Kirchner, Rudolf Melichar, Dieter Witting, Peter Wolfsberger, Heinz Zuber
Inszenierung George Tabori
Bühnenbild Karl-Ernst Herrmann
Kostüme Jorge Jara
Musik Stanley Walden
Dramaturgie Ursula Vossweiterlesen