Es gibt immer etwas zu bemängeln. Eine universalistische Krisenhypothese bildet die Essenz aller pessimistischen Weltanschauungen. Es geht nicht um eine partielle Besorgtheit, um vorübergehende Ängste oder Phasen der Verzweiflung, sondern um ein prognostisches Prinzip, ein Programm, welches einen vermeintlich visionären Verschlechterungsfatalismus, ja gar eine Hegemonie des Schlechten und Bösen manifestiert. So ist der Pessimismus immer eine Spielart geschichtsphilosophischer Metaphysik, da er aus aktuellen Krisenzuständen spekulativ auf einen linearen Entwicklungstrend, also auf eine permanent krisenhafte Zukunft schließt. Jegliche optimistischen Fortschrittshoffnungen – welche im Übrigen genauso metaphysisch imprägniert sind wie der pessimistische Verschlechterungsfatalismus – werden negiert. Man könnte meinen, der Pessimismus sei eine Weltanschauung, welche ihre eigenen Entstehungsbedingungen in der konkreten Erfahrung anhaltend leidvoller Episoden sieht. Dagegen wäre zu erwägen, ob es wirklich die Identifizierung konkreten Leids ist, welche zur Genese einer pessimistischen Weltsicht führt, oder ob der Pessimismus nicht schlicht ein Überhang gewisser Philosophietraditionen, ja gar eine semantische Mode ist, welche Theoriekulturen etwa der Philosophie, der Soziologie oder der Psychoanalyse gewisse Annahmevorteile verschafft gegenüber vermeintlich naiv verfahrenden, optimistischen Erheiterungsarbeiten. Allein am seltenen Vorkommen intellektueller Erheiterungsarbeiten lässt sich ablesen, dass eine pessimistische Semantik fast unabwendbar zum Habitus intellektuellen Denkens gehört. weiterlesen