'Per ben vestir la virtuosa'
Die Oper des 18. und frühen 19. Jahrhunderts im Spannungsfeld zwischen Komponisten und Sängern
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Die Konzentration auf Werktexte und musikalisch-dramaturgische Strukturen, die für lange Zeit die Opernforschung bestimmte, ist in jüngerer Zeit durch Ansätze ergänzt, wenn nicht verdrängt worden, die darauf zielen, die 'facts of life' von Oper - die Umstände und Produktionsbedingungen, die Oper entstehen und zur Wirkung gelangen lassen - stärker in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses zu rücken. Daß den Sängern seit den Anfängen der Oper eine zentrale Bedeutung nicht nur für die Durchsetzung und Verbreitung von Werken, sondern vor allem auch bei deren Konzeption zukam, ist zwar allgemein bekannt, aber bislang erst in Ansätzen untersucht worden.
Der Titel 'per ben vestir la virtuosa' ('um die Sängerin gut einzukleiden') bedient sich einer Metapher, die in der Operngeschichte sehr beliebt war. Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Zitat aus einem Brief Johann Adolf Hasses an Giammaria Ortes, in dem er von einem Kollegen berichtet, der sich Mühe gegeben habe, eine Sängerin musikalisch gut einzukleiden. Als oberstes Gebot galt, daß ein Sänger mit der für ihn komponierten Musik zufrieden sein müsse, und das war in der Regel dann der Fall, wenn es einem Komponisten gelang, alle Eigenheiten eines Sängers, Stärken ebenso wie Schwächen, in seiner Werkkonzeption zu berücksichtigen. Zu diesen Eigenheiten gehören unter anderem der Gesamtambitus und die Tessitura (der zentrale Tonbereich eines Sängers), die Bevorzugung spezifischer Gesangsstile (etwa Parlando oder Kantilene), die Vorliebe für bestimmte Figurationen in melismatischen Passagen, aber auch für bestimmte Vokale oder Vokal-Konsonantverbindungen und nicht zuletzt stimmliche Ausdauer und Klangvolumen. Aus der Gesamtheit aller Momente ergibt sich ein 'Vokalprofil', das Auskunft über die individuelle Veranlagung von Sängern zu geben vermag.
Daraus, daß Komponisten ihre Werke auf das Vokalprofil spezifischer Sänger abstimmten, ergaben sich natürlich Konsequenzen für deren Aufführbarkeit. Nur dann, wenn ein Sänger mit dem gleichen oder einem sehr ähnlichen Vokalprofil zur Verfügung stand, konnte eine Opernpartie ohne Probleme aus ihrem ursprünglichen Aufführungskontext in einen anderen übertragen werden. Das war allerdings sehr häufig nicht der Fall, so daß sich vielfach die Notwendigkeit ergab, Rollen dem Können neuer Sänger so anzupassen, daß sie zu deren spezifischem Vokalprofil paßten. Manchmal genügten kleine Änderungen, etwa die Ersetzung allzu exponierter Töne durch harmonieeigene andere Töne ('Punktierungen'), oft waren Transpositionen notwendig, auch für den Austausch größerer Abschnitte bis hin zur kompletten Neukomposition einer Partie gibt es viele Belege. Durch die Orientierung an der wirkungsästhetisch begründeten Zentralstellung der Sänger blieb die Oper auf der - Wort und Musik vereinigenden - Ebene des Textes so lange ein offenes Kunstwerk, bis im Laufe des 19. Jahrhunderts auch für diese Gattung die Idee künstlerischer Geschlossenheit mehr und mehr an Bedeutung gewann. Ausführliche Informationen finden Sie unter www.editionargus.deweiterlesen
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