Performative Rechtserzeugung
Eine theoretische Annäherung
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist die Frage, wie
sich die Erzeugung von Recht als Vorgang in der Sprache
beschreiben lässt. Sie sucht nach einer Perspektive auf das
Recht, welche die Beobachtung, dass Rechtserzeugung
nur in der Sprache geschieht, theoretisch produktiv machen
kann.
Tagtäglich treten Unmengen von Rechtsnormen in Kraft.
In vielen Rechtstheorien findet dieser Vorgang zwar am
Rande Beachtung; er steht aber selten im Mittelpunkt
der Betrachtung und ist nicht annähernd ausreichend
erforscht.
Für naturrechtlich inspirierte Rechtstheorien handelt es
sich dabei um eine konsequente Nichtbeachtung, denn
Naturrecht kann nicht wie eine positive Rechtsnorm als
Ergebnis eines Erzeugungsprozesses gedacht werden.
Um die Gründe, aus welchen auch positivrechtliche
Theorien Rechtserzeugung stiefmütterlich behandeln,
anzudeuten: Die so vielen Rechtstheorien zugrunde gelegte
kategoriale Trennung von Sein und Sollen lenkt das
Augenmerk bei der Rechtsbetrachtung zumeist auf eine
der beiden Kategorien. Normativistische Theorien etwa
versuchen, Recht als normatives System zu beschreiben,
wobei die Ableitung von Rechtsnormen in den Mittelpunkt
rückt. Rechtsrealistische Ansätze unternehmen es,
Recht als soziales Faktum zu erklären, was notwendig
dazu führt, Rechtserzeugung als sozial konstituiert zu
betrachten.
Beide theoretischen Richtungen negieren nicht unbedingt
die jeweils andere Ebene des Rechts, versuchen jenes aber
ohne diese zu erklären. Um dieser von vornherein eine
Ebene der Rechtserzeugung ausschließenden Strategie
zu entgehen, rückt im Rahmen dieser Studie ein anderes
Momentum der Rechtserzeugung in den Vordergrund der
Betrachtung, das als vielversprechender Kandidat für eine
Perspektive auf die Rechtserzeugung in Frage kommt:
ihre sprachliche Form. Rechtserzeugung geschieht nämlich
immer in der Sprache, jedenfalls sind in der Moderne
keine Fälle bekannt, in denen Rechtserzeugung nicht auf
Sprache als Form zurückgreift: Gesetze und Verfassungen
werden verkündet oder proklamiert, damit sie in Kraft
treten, Urteile werden gesprochen.
Diese Verbindung der Rechtserzeugung mit der Sprache
kann – so die Hypothese – keine zufällige sein, sondern
muss die Bedingungen der Möglichkeit von Rechtserzeugung
betreffen. Aus diesem Blickwinkel könnte die
Betrachtung der Rechtserzeugung nicht nur für das Verhältnis
von Sein und Sollen im Recht Anknüpfungspunkte
zu liefern, sondern gleichsam für das Verhältnis von Recht
und Sprache.
***
Die Untersuchung beschäftigt sich also mit der Frage,
wie sich Rechtserzeugung als Vorgang in der Sprache
beschreiben lässt. Ausgehend von der Annahme, dass im
Momentum der Erzeugung von Rechtsnormen ein Transfer
von Sein in Sollen stattfindet, wird Rechtserzeugung
als paradigmatische Konstellation für das Verhältnis
von Sein und Sollen behandelt. Aus einer Kritik wesentlicher
sprachphilosophischer Ansätze zur theoretischen
Beschreibung sprachlicher Erzeugung heraus wird eine
Konzeption der Erzeugung von Sprache in der Sprache
über den Begriff der Performativität entwickelt. Dieser an
der Struktur des Sprachgebrauchs ansetzende Begriff ermöglicht
schließlich einerseits, die Erzeugung rechtlicher
Normativität aus der Spannung von Vorgängigkeit und
Selbstbezüglichkeit heraus als Ereignis zu beschreiben,
ohne auf die problematischen Begriffe der Regel oder der
sozialen Wirksamkeit von Rechtsnormen zurückgreifen
zu müssen. Andererseits lässt sich mit der prozesshaften
Struktur des Performativen Normativität nicht als Folge
eines bestimmten Rechtserzeugungsereignisses verstehen,
sondern als Ergebnis einer Praxis, die zum Zeitpunkt ihrer
Erzeugung noch nicht abgeschlossen ist. Normativität
lässt sich auf diese Weise als rekursives Konzept formulieren.
In einem diese beiden Ergebnisse verarbeitenden
Modell performativer Rechtserzeugung gelingt es so,
den Umschlagspunkt von Sein in Sollen als Modulation
zu fassen, die zwar die problematische kategoriale Trennung
von Sein und Sollen unterläuft, aber nicht in einen
naturalistischen Fehlschluss münden lässt, weil sie Sollen
nicht aus dem Sein ableitet, sondern beide als miteinander
verwobene Ebenen beschreibt. Auf diese Weise wird dem
rechtstheoretisch wirkmächtigen Norm-Anwendungs-Paradigma
ein Paradigma der Erzeugungssituation gegenüber
gestellt. Darin erfährt der Begriff der Normativität
eine deutliche Neuorientierung: Norm und Anwendung
werden als produktives Spannungsverhältnis gefasst,
das weder durch eine kategoriale Trennung der Begriffe,
noch mithilfe eines tradierten Normativitätsbegriffes
beschrieben werden kann, sondern über den Begriff der
Performativität.weiterlesen
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