Polymerisation
Roman mit Mallarmé-Zeichen von Roland Bothner
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Zeitgenössische deutsche Romane reduzieren die globale Weltläufigkeit – Innenwelt wie Außenwelt – auf das kleinbürgerliche Milieu, dampfen diese auf Paar-Beziehungen ein, beschränken sich auf den Nahbereich von wenigen Metern. Ohne Fernhorizont, ohne Perspektivwechsel. Ein Paar, ein Schulfreund, kein Paar, vier alte Schulfreunde. Ein Mann, von der Freundin verlassen, sucht neue Bekanntschaften, die Freundin kehrt zurück. Zwei Freundinnen, ein Mann. Eine Frau zwischen zwei Männern. Das alles im kleinbürgerlichen Milieu, das sich seit sechzig Jahren nicht verändert. Nur die Konsumartikel ändern sich. Literatur für Literaturhäuser. Der Leser erkennt sich in den Höhen und Tiefen wieder. Alles auch schon einmal erlebt. Was er allerdings hätte erleben sollen, zeigt sich bereits bei Goethe. In den „Wahlverwandtschaften“, seinem folgenreichsten Roman, werden Paar-Beziehungen durchgespielt, allerdings nicht kleinbürgerlich, sondern naturwissenschaftlich. Sentimentalitäten ausgeschlossen. Er beabsichtigt darin, Wissenschaft und Kunst zu versöhnen. Es ist somit an der Zeit, Goethes wissenschaftliches Konstrukt neu in Romanform zu thematisieren. Dies geschieht im Roman „Polymerisation“. Ottilie, Charlotte, Eduard und der Hauptmann heißen hier Iris, Julia, Thomas und Philippe. Die Handlung spielt in den Jahren 1970 bis 1995. Diese Protagonisten reagieren, wie bei Goethe, chemisch miteinander. Was ist das Ergebnis? Bei Goethe verfallen sie den mythischen Mächten. In Stefanie Bielmeiers „Polymerisation“ bemächtigt sich der Mythos der Seelen der Menschen. Was ist das Mythische in der Gegenwart? Das, was die Protagonisten nicht sein lassen können, aber müssten. Sie folgen ihren eingeschriebenen Lebenslinien. Daraus spinnt sich ein Geflecht, das die deutsche Epoche Ende des 20. Jahrhunderts – im Grund-Figur-Austausch – in ihrer Gesamtheit in den Vordergrund treten lässt. Dieser Roman ist keine Ware der Kulturindustrie. Er wendet sich an den gebildeten Leser. Deshalb ist er ungleichzeitig. Er steht quer zur deutschen Literaturproduktion. Er wurzelt, wie frühere Romane Bielmeiers, in der französischen Tradition. Eher Guy de Maupassants Stil verwandt als den deutschen „Übersteigerungen“ ins Groteske. Der Bezug zum „nouveau roman“ wird offen ausgetragen. weiterlesen
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