In rechtssozilogischer Perspektive ist über das Verhältnis Bundesverfassungsgericht und Private/Bürger wenig bekannt. Das Feld der Privaten ist durch Bürger/innen und Wirtschaftssubjekte gekennzeichnet, deren Handlungs-rationalität an Einzelinteressen ausgerichtet ist. Diese Interessen sind durch Moral- und Gerechtigkeitsvorstellungen, ökonomische Effizienzüberlegungen oder Schutz vor staatlichen Übergriffen geprägt. Sie bestimmen sowohl die Bereitschaft zur Mobilisierung als auch Befolgung der Gerichtsentscheidung.
Ihre Beschwerden erreichen das Verfassungsgericht fast immer im Wege der Verfassungsbeschwerden und – seltener – auf dem Weg der konkreten Normenkontrolle; erste enden fast immer erfolglos (Erfolgsquote unter zwei Prozent). In jüngerer Zeit erregen Massenklagen gegen finanz- und geldpolitisch orientiere Maßnahmen oder (vermeintliche) gesetzgeberische Unterlassungen Aufmerksamkeit. Sie stellen keine Urteils-Verfassungsbeschwerden, sondern Rechtssatz-Verfassungsbeschwerden dar und wurden häufig von Organisierten Interessen initiiert.
Der Beitrag zeigt den langen (und oft verschlungenen) Weg einer Verfassungs-beschwerde bis zur Annahme-Entscheidung des Gerichts, dokumentiert die geringe Erfolgsquote und diskutiert Unklarheiten der vom Gericht selber betriebenen Veröffentlichungspraxis. Abschließend werden Befolgung und Abnahmebereitschaft der Karlsruher Judize in einer rechtswissenschaftlichen und rechtssoziologischen Analyse gegenübergestellt.weiterlesen