Propaganda, Desinformation, Verschwörung
Journal für politische Bildung 4/2017
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"Aktuelle Umfragen belegen: Die Verschwörungstheorie, einst eine Denkfigur der Selbstisolation, ein Exerziersport von Spinnern an der Peripherie, breitet sich aus. Sie
wandert von den Rändern in Richtung Zentrum und wird diskursmächtig – und zwar zur Rechten wie zur Linken“ – so diagnostizierte der Medienwissenschaftler Bernhard
Pörksen im Frühjahr 2017 die gegenwärtige „Zeit des großen Verdachts“.
In der Auseinandersetzung mit Verschwörungstheorien muss man zuvorderst anerkennen, dass Verschwörungen real existieren. Die Geschichte ist voller Beispiele, wie
Menschen sich im Geheimen zusammengeschlossen haben, um ihre Macht zu sichern und auszubauen. Es ist also nicht von vornherein abwegig, Ereignisse darauf zu prüfen,
ob sie das Ergebnis einer Verschwörung waren oder sind. Problematisch wird dieser Vorgang jedoch, wenn der Verdacht einer Verschwörung nicht fallengelassen wird, sobald
er sich als falsch erwiesen hat. Diese versuchen Zufälle oder Ereignisse, auf die Menschen im Allgemeinen keinen direkten Einfluss ausüben können, durch den Plan einer
großen Weltverschwörung zu erklären. Doch wie können komplexe Sachlagen verständlich erklärt werden?
Durch das Internet wird zunehmend deutlich, wie weit Verschwörungsideologien in der Gesellschaft verbreitet sind. Dies liegt an der Demokratisierung des Netzes, also der
Möglichkeit für alle, ihre Meinung zu veröffentlichen. Was früher nur in einzelnen Studien als Einstellungen der Menschen zutage trat, wird heute täglich von den Menschen in
die Öffentlichkeit gesendet. In den sozialen Medien zeigt sich, dass Verschwörungsideologien, Fake News und Propaganda nicht nur von vermeintlichen gesellschaftlichen
Randpersonen verbreitet und geglaubt werden. Der oftmals skandalisierende Ton, das Zusammenspiel von einfachen Erklärungen und der Benennung von Schuldigen ist für
die breite Masse attraktiv; und dies vollkommen unabhängig von Geschlecht, Alter oder Bildung. Doch wie erkennt man derartige Unwahrheiten im Zwiegespräch, an
Stammtischen und in den Medien?
„Verschwörungstheorien haben Konjunktur in Zeiten des Umbruchs“, schreibt der Philosoph Karl Hepfer in seinem Werk „Verschwörungstheorien: Eine philosophische Kritik
der Unvernunft“ von 2015. „Sie haben immer dann besonderen Zulauf, wenn traditionelle Deutungsmuster nicht mehr greifen. Kriege, politische, wirtschaftliche oder
ideologische Umwälzungen [...] sind der Boden, auf dem sie gedeihen.“ So bringen Verschwörungstheorien Ordnung in diese verwirrende Welt, in der die Menschen mit
Informationen überflutet werden, sich Armut und Reichtum immer mehr konzentrieren und in der Terrorgefahren allgegenwärtig sind. Die Konjunktur von Desinformation
und Verschwörung ist zudem Ausdruck einer Krise zwischen den Bürger/-innen und den Eliten eines Landes, spiegeln sie doch das Misstrauen in Politik, Wissenschaft,
Wirtschaft und Medien wider. Wie kann hier Vertrauen wiederhergestellt werden?
Durch die Konfrontation mit Propaganda, Desinformation und Verschwörung als Angstfigur des rationalen Austauschs von Argumenten wird eines unabweisbar deutlich:
Aufklärung und Diskurs brauchen heute neue Formen. Es reicht nicht mehr, einfach nur Positionen auszutauschen, weil in der „Zeit des großen Verdachts“ die gemeinsame
Gesprächsgrundlage zwischen vielen Menschen weggebrochen ist. Man muss deutlich machen, was überhaupt als Beweis taugt, welche Quellen man verwendet, wie man zu
den eigenen Ansichten und Gewissheiten gelangt ist, denn Demokratie lebt – trotz vieler erschreckender Gegenbeispiele – von der Idee der Mündigkeit. Diesen und den oben
ausgeworfenen Fragestellungen der politischen Bildung im Kontext von „Propaganda – Desinformation – Verschwörung“ widmet sich diese Ausgabe.weiterlesen
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