Psychiatrie und Eugenik
Zur Ausprägung eugenischer Denk- und Handlungsmuster in der schweizerischen Psychiatrie, 1850-1950
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Das Buch verfolgt die Entwicklungen, die zur Ausprägung eugenischer Denk- und Handlungsmuster in der schweizerischen Psychiatrie führten, und zeigt die Gründe für das eugenische Engagement schweizerischer Psychiater auf.
Schweizer Psychiater wie Auguste Forel gehörten um 1900 zu den frühesten Vertretern eugenischer Postulate in Europa. Sie erforschten früh die Vererbung psychischer Krankheiten, sie unterstützten das Eheverbot für Geisteskranke des schweizerischen Zivilgesetzes von 1912, und sie forderten im Sinne prophylaktischer Massnahmen die 'Unfruchtbarmachung' von Geisteskranken. Damit reagierten sie auf die als bedrohlich wahrgenommene Zunahme von Eintritten in die psychiatrischen Anstalten. Die Eugenik und die Degenerationstheorie erklärten gewissermassen die Schwierigkeiten der zeitgenössischen Psychiatrie bei der Behandlung ihrer PatientInnen und dienten als Ansatz zur Begründung sozialinterventionistischer Eingriffe.
Beleuchtet wird die Mitarbeit der Psychiater sowohl bei der Vernehmlassung des schweizerischen Zivilgesetzes von 1912 als auch beim schweizerischen Strafgesetz von 1942. Am Beispiel des Kantons Basel-Stadt wird gezeigt, wie bei der Begutachtung der 'Ehefähigkeit' und bei der Indizierung von Abtreibungen und Sterilisationen verfahren wurde. Nahm die schweizerische Psychiatrie bis in die 1930er Jahre eine europäische Vorreiterrolle bei der Propagierung und Indizierung eugenisch mitbegründeter Massnahmen ein, überwog ab Mitte der 1930er Jahre die Abgrenzung gegenüber der völkisch radikalisierten Eugenik im benachbarten NS-Deutschland. Schweizer Psychiater und Behördenvertreter vertraten nun betont ein 'schweizerisches' Vorgehen bei Sterilisationen: Man ging davon aus, dass jeder Fall individuell geprüft und ein Eingriff nur mit der Einwilligung der Betroffenen durchgeführt werden sollte. Noch während des Zweiten Weltkriegs diskutierte man allerdings ein Gesetz zur Verschärfung des Eheverbots für Geisteskranke. Die Analyse dieses Beratungsprozesses, bei dem die Psychiater ihre anfängliche Unterstützung des Unterfangens aufgaben, schliessen das Buch ab.weiterlesen
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