"Publikumsberatung" von Kathrin Röggla & Leopold von Verschuer
Hörbuch in 12 Kapiteln, Gesamtdauer 56:46 Minuten, Edition Sutstein, Bayerischer Rundfunk/ Hörspiel und Medienkunst, in Lizenz der BRmedia Service GmbH, ISBN 978-3-932731-16-7. www.edition-sutstein.de
Der Text basiert auf Vorlesungen, Vorträgen, sowie Radio- und Zeitungsbeiträgen von Kathrin Röggla. Leopold von Verschuer wählte sie gemeinsam mit der Autorin aus, sie wurden überarbeitet und teilweise um- und neu geschrieben Die Aufnahmen fanden im Juli 2010 im Funkhaus Berlin Köpenick statt. Die Musik wurde von Franz Tröger komponiert und arrangiert, auf Lochkarten gestanzt, sowie an der Miniaturdrehorgel interpretiert.
Es beginnt wie ein normaler Vortrag. Ein Mann aus der ersten Zuschauerreihe steht auf und postiert sich hinter einem Pult. Der eigentliche Redner des Abends sei leider ausgefallen, heißt es, ein Ersatzreferent übernimmt nun die Aufgabe, über all das zu informieren, worauf das Publikum wartet. Mancherlei Zwischenfall hindert ihn nicht daran, mitreißend vorzutragen, was jede Hörerschaft bewegt. Der Sprecher verführt in die absurden Untiefen der Rhetorik. Er destilliert und hebt den Bodensatz einer Sprachflüssigkeit, die sich aus ihren Hülsen hinaus zu bewegen sucht.
„Sie werden hören, was Sie sonst gesehen haben. Sie werden hören, was Sie hier sonst nicht gesehen haben. Sie werden kein Schauspiel sehen.“ Diese berühmt gewordenen Worte aus Peter Handkes „Publikumsbeschimpfung“ könnten auch für das doppelbödige Scheinreferat „Publikumsberatung“ von Kathrin Röggla stehen. Von Anfang an spielt es mit der Vortrags- und Publikumssituation und macht diese selbst zum Thema. Dabei geht es aber nicht wie noch 1966 um einen Bruch mit Darstellungskonventionen – Wo wären diese heute noch zu finden? – sondern um eine mehrdimensionale Ironisierung, die auch die Frage nach der Rolle der Hörer humoristisch gebrochen stellt.
Ist kritisches Theater heute noch möglich? Oder hat es sich im Laufe von 1968 erledigt? Kathrin Röggla und Leopold von Verschuer geben die Antwort. Mit einem Stück, das mit unserer Zeit abrechnet, ohne nur plakativ zu sein. Das den gesammelten Zumutungen der Post-Postmoderne aufs luzideste etwas entgegensetzt, ohne je im Ansatz zynisch zu werden. Ein Stück, das auch die Kritik an der Erfolgs- und Kontrollgesellschaft nicht verabsolutiert, sondern ihrerseits produktiver Ironie unterzieht. Weil wir alle mehr beteiligt sind, als wir ahnen mögen. Weil wir alle mehr mitspielen, als uns lieb sein kann.
Ohne viel Aufhebens oder akademische Supergescheitheit und vor allem: ohne kulturkritischen Klagemodus lüftet sich in „Publikumsberatung“ ein Schleier, der unsere fragwürdige Zeit umgibt. Dies letztlich nicht zu kalkulierende, nur zu erhoffende Moment des Theaters der besten Momente, wird hier vorgeführt. Denn Röggla, Verschuer und alle Beteiligten haben das beinahe Unmögliche möglich gemacht: Das Unspielbare hochgeistiger Reflexion durch einen genial fingierten, hellsichtigen wie absurden Vortrag auf die Bühne und in unsere Erfahrung gebracht.
1. Geschichte (4:17)
2. Plot Intellektuelle (6:04)
3. Ängste (4:46)
4. Einleitung (1:36)
5. Kapitalismus Erfolg Authentizität (10:20)
6. Reagieren (4:17)
7. Einleitung (0:58)
8. Barock (6:07)
9. Humor (5:54)
10.Fehlerbereitschaft (3:29)
11. Mitarbeiten Neobiedermeier (5:48)
12. Akkumulation Finale (3:11)
Produktion Edition Sutstein & Bayerischer Rundfunk 2011
Texte Begleitheft Claudio Steiger, Marie Haff
Illustration Oliver Grajewski
Gestaltung Esra Rotthoff
Siebdruckedition Steffen Trodler
Auflage 150 Exemplare
VK 27,00 € individuell, zzgl. Versandkosten 1,50 €
EK NUR Buchhandel 18,50 € ohne Rückgabe inkl. Versand
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