Greg Graffin: ein echter Punk-Professor Wissenschaftler und Punkrocker – für Greg Graffin ist das kein Widerspruch. Immerhin hat es das Gründungsmitglied des amerikanischen Underground-Urgesteins Bad Religion abseits seiner Musik zu beachtlichen akademischen Würden gebracht. Und dabei muss man gar keine seiner Vorlesungen besuchen, um sich von seiner intellektuellen Bandbreite zu überzeugen. Schon ein Blick auf seine Lyrics macht klar: Der Mann versteht es, sich eloquent und präzise mitzuteilen. In Punk Paradoxon – Eine Autobiografie schildert Dr. Graffin nun, wie es ihm im Laufe der vergangenen 40+ Jahre gelungen ist, die Gegensätze zwischen aggressivem Rock’n’Roll und der vermeintlich grauen Theorie des Uni-Alltags gekonnt unter einen Hut zu bringen und sich dabei stets treu zu bleiben. Hierfür gewährt er nicht nur Einblicke in seine Kindheit und die Entwicklung seines Weltbildes, sondern teilt zudem seine persönliche wie philosophische Sichtweise auf das Phänomen Punk und die Rolle, die seine so legendäre Combo bei dessen Evolution spielte. In vielerlei Hinsicht erweist sich Graffin als Antithese zu den vielen abgeschmackten Klischees, die gern mit Punkrock als Genre, Jugendkultur und Lebenseinstellung in Verbindung gebracht werden. So hat er nichts mit Drogen am Hut, liebt traditionelle Folkmusik und befasste sich von früh auf mit den Kernfragen des menschlichen Daseins. Ein Aha-Erlebnis bieten auch seine beiden Soloalben, auf denen er mit melancholischen Klavierballaden und erdigen Bluegrass-Melodien experimentierte. Kurzum, das Leben Greg Graffins besteht nicht nur aus Bad Religion! Doch würde er nie leugnen, welch enormen Stellenwert seine Band auf seiner Reise durchs Leben einnimmt. Mit trockenem Witz beschreibt er die Beziehungen zu seinen Bandkollegen – ohne dabei unreflektiert Schmutzwäsche zu waschen. Auch dies unterstreicht die Klasse dieses so außergewöhnlichen Gentlemans, der den Paradoxa des Punks seit jeher mit ganz eigenen Lösungsansätzen zu trotzen weiß.weiterlesen