Wer wahrheitswidrig verkündet, dass er einen Stellvertreter habe, ist an die Verträge gebunden, die der Stellvertreter mit gutgläubigen Dritten gestützt auf diese Kundgabe abschliesst. Hinter diesem Anwendungsfall des Art. 33 Abs. 3 OR und hinter vielen weiteren Normen des Privatrechts verbirgt sich die Rechtsscheinlehre als begründendes, erklärendes und ausfüllendes Prinzip des positiven Vertrauensschutzes, bei dem der Rechtsschein zur Rechtswirklichkeit wird. Obwohl die Rechtsscheinlehre schon lange existiert, hat sich die Schweizer Rechtsprechung und Lehre bisher viel intensiver mit einem ihrer Derivate befasst, der Vertrauenshaftung. Bei Fragen des positiven Vertrauensschutzes im Privatrecht begnügen sich Lehre und Rechtsprechung in der Schweiz oft mit der Feststellung, dass ein Rechtsschein vorliege. Ohne weiterführende Gedanken und insbesondere ohne Prüfung der übrigen Voraussetzungen bleibt es bei dieser an sich sinnlosen Feststellung. Die vorliegende Zürcher Habilitationsschrift lokalisiert daher die Anwendungsfälle der Rechtsscheinlehre im Schweizer Recht, denkt die Anwendung der Rechtsscheinlehre mit allen Voraussetzungen durch und legt den Argumentations- und Verständnisgewinn durch Anwendung der Rechtsscheinlehre dar. Der Fokus der Betrachtung liegt insbesondere in der Analyse vieler Gerichtsentscheidungen - dieser kasuistische Stil garantiert auch den grossen Praxisbezug dieser Arbeit.weiterlesen