Recycling und Rohstoffe, Band 6
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Das Bevölkerungswachstum und der Pro-Kopf-Verbrauch an Rohstoffen wird global gesehen in den nächsten Jahrzehnten weiter deutlich ansteigen, bevor es zu einer Abschwächung beider Faktoren kommen wird. Verschiedene Szenarien wurden in den letzten Jahren skizziert und zusammengefasst. Die meisten Prognosen legen jedoch nahe, dass es um die Mitte des Jahrhunderts zu entscheidenden Engpässen kommen könnte, wenn keine maßgeblichen Schritte in Richtung Ressourceneffizienz unternommen werden. Mehrere Faktoren können zu einer krisenhaften Zuspitzung beitragen, die die Stabilität der weltweiten gesellschaftlichen Entwicklung gefährden und zu massiveren Verteilungskämpfen führen könnten. Insbesondere sind dies:
• die generelle Verfügbarkeit bestimmter Ressourcen,
• die regionale Verteilungsgerechtigkeit knapper Ressourcen,
• die Generationengerechtigkeit im Hinblick auf die Verfügungsmasse und
• die Umweltbelastungen, die mit einer intensivierten Ressourcenausbeutung einhergehen.
Unter kritischen Ressourcen sind dabei immer gleichzeitig:
• die nichterneuerbaren stofflichen Ressourcen (Primärrohstoffe wie Erze, Industrieminerale oder Kohlenstoffträger),
• die erneuerbaren Ressourcen, die nur über lange Zeiträume regenerierbar sind (wie bestimmte Holzarten) sowie
• Wasser, Luft und Flächen (insbesondere Biotope und natürliche Regenerationssysteme)
zu betrachten. Für den Bereich der erneuerbaren Energien werden entweder Biomasse als Energieträger oder wirtschaftsstrategische Rohstoffe für den Anlagenbau (beispielsweise Selten-Erd-Elemente für Windkraftanlagen oder Indium, Gallium und andere Sondermetalle für die Photovoltaik) benötigt. Insofern ist auch dieses Segment nicht frei von den Herausforderungen der Ressourcenverknappung. Starke Preisschwankungen bei den Rohstoffen, die in spezifischen Zyklen verlaufen, sind an sich üblich im Rohstoffbereich. Durch Spekulationseffekte sind aber gewisse Unsicherheiten hinzugekommen, die erforderliche Anpassungen von Produktionskapazitäten im Primärrohstoffbereich eher verhindern. Zudem steigen die Investitionssummen zur Erschließung und Ausbeutung für ärmere und immer entlegenere Lagerstätten. Kurzfristige ROI-Ziele (Return of Invest) bei steigendem Aufwand und steigender Unsicherheit in der westlichen Welt führen zu Anpassungsstörungen von Nachfrage und Produktionskapazitäten. Für die Erkundung, Erschließung und Inbetriebnahme einer neuen Mine sind Vorlaufzeiten von mindestens zehn bis fünfzehn Jahren, bei Großprojekten bis zwanzig Jahren zu veranschlagen.
Recycling gewinnt daher zunehmend im öffentlichen Bewusstsein und im politischen Raum Bedeutung, wenn es um die Frage der Rohstoffsicherung für die Produktion im eigenen Lande geht. Welchen Beitrag kann das Recycling vor dem Hintergrund der aktuellen nationalen, europäischen und internationalen Entwicklungen zur Rohstoffsicherung leisten? Wo liegen die Grenzen und welche Rahmenbedingungen sind erforderlich, um das Optimum zu erreichen?
Das technisch-logistische Instrumentenset umfasst Maßnahmen zur
• Stoffstromsteuerung zwecks verbesserter Erfassung und Steuerung relevanter Wertstoffe,
• Vorbehandlung zur Schadstoffentfrachtung und ggfs. Demontage bzw. Vorzerlegung,
• Aufbereitung zur Gewinnung von Sekundärrohstoffen aus Abfällen und
• Verwertung von Sekundärrohstoffen durch Substitution von Primärrohstoffen in Produktionsprozessen
und zwar in zunehmend intensiveren Prozessverknüpfungen über eine Vielzahl von Stufen. Die steigende Komplexität von Produktion und Produkten stellt eine stetige Herausforderung für Forschung, Entwicklung und industrielle Umsetzung dar.
Nun ist nicht ständig mit Sprunginnovationen zu rechnen, die komplett neue Verwertungsansätze eröffnen. Eine stetige Reflexion kann aber ebenso oft wichtige Anregungen für die Ausrichtung oder Nachjustierung des künftigen Kurses geben. Bei der hohen Geschwindigkeit von Produkt- und Marktentwicklungen ist auch regelmäßig zu hinterfragen, für welche Rohstoffe denn die Versorgungslage kritisch werden könnte, welche dieser Rohstoffe für die Volkswirtschaft als wirtschaftsstrategisch einzustufen sind und welche Potentiale in welchen Abfallströmen liegen oder entstehen.
Genau dieses beschreibt den Zweck, welcher mit der jährlichen Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz und dem zugehörigen Buch verfolgt wird, einen Überblick über den Stand der Technik, die künftigen Herausforderungen und politische Aktivitäten zu geben.weiterlesen
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