Reformation und Demokratie
Zum politischen Gehalt protestantischer Theologie in England 1570-1660
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Immer wieder sind die Wurzeln der modernen Demokratie in der Reformation gesucht worden. Zum Beweis diente insbesondere die englische Geschichte, da Reformation und Revolution dort partiell zusammenfielen. Diese Auffassung hat große Aussagekraft, aber auch zwei eklatante Schwächen. Zum einen überakzentuiert sie die Gemeinsamkeiten von Reformation und Demokratie und sieht über gewisse systemimmanente Grenzen reformatorischer Theologie geflissentlich hinweg. Zum anderen konzentriert sie sich von vornherein auf die treibenden Kräfte der Reformation und muß von daher den Anglikanismus als fortschrittshemmenden Faktor auffassen.
Ziel dieser Studie ist es, die Reformation in England auf ihren konkreten demokratischen Gehalt hin zu überprüfen. Den Untersuchungsgegenstand bilden Anglikanismus, Puritanismus und radikale Reformation. Die Untersuchungsebenen sind die Institutionen und die Verfahren, die Ideen und die Werte der verschiedenen religiösen Theorien.
Die systematische Analyse läßt deutlich werden, daß Puritanismus und radikale Reformation der Demokratie durchaus verwandt sind, besonders hinsichtlich ihrer Kirchenverfassung, d.h. hinsichtlich ihrer Verfahren und ihrer Institutionen. Hier haben religiöse Theorie und gemeindliches Leben der fortgeschrittenen Reformation zweiffelos beträchtlich zum Aufbau demokratischer Bewußtseinslagen und Erfahrungshorizonte beigetragen. Ebenso deutlich aber wird, daß die Vertreter dieser Bekenntnisgruppen im Grunde nicht so sehr Demokraten, als vielmehr Revolutionäre waren, die durchweg zu einer Usurpation der theologischen Vernunft tendierten. Ideenhaushalt und Wertgefüge des Puritanismus wie der radikalen Reformation sind in ihren Grundzügen autoritär, elitär und intolerant.
Der Anglizismus nun, institutionell betrachtet gewiß kein demokratisches System, überwand doch solche mentalen Barrieren, und dies wesentlich dadurch, daß er das von der Vorstellung der Erbsünde dominierte Menschenbild der fortgeschrittenen Reformation korrigierte. Obwohl auch hier der Glaube das Zentrum der religiösen Theorie blieb, trat die Vernunft als menschliche Qualität doch spürbar hinzu. Dies hat zu einer Entkrampfung der Wahrheitsproblematik geführt und die Bedeutung des Dogmas vor dem individuellen Christsein zurücktreten lassen. Im anglikanischen Werthorizont war folgerichtig nicht nur die Betonung von Rang und Leistung der eigenen Person enthalten, sondern auch der Respekt vor dem Personsein des Mitmenschen. So finden sich entscheidene Aspekte moderner demokratischer Individual- und Sozialethik in der Theologie des Anglikanismus entwickelt.weiterlesen
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