Reger Laut im Zwischenraum
Vertonungsskizzen gegen das Erstarren
Produktform: Buch
Ein außerordentlich anregendes lyrisches Werk, angesiedelt zwischen Prosa und Poesie. Der transkulturelle Erfahrungshintergrund des Autors (Francisco Cienfuegos ist Spanier, lebt aber seit frühester Kindheit in Deutschland) schimmert immer wieder durch.
Das Buch ist als Zyklus konzipiert und thematisiert Begegnung, Entfremdung und die Suche nach sinnstiftender Identität über Kommunikation in der Ambivalenz des Alltags, im diffusen zwischenmenschlichen Beziehungsraum. Das Spannungsverhältnis zwischen Nähe und Distanz, zwischen Angst und Liebe sowie sozialkritische Elemente stellen inhaltliche Eckpfeiler dar. Symbolträchtige Naturbetrachtungen bilden ferner eine Analogie zu innerpsychischen Landschaften. Über Sprache und Sprachkonstrukte wird ein ganzheitlicher Zusammenhang zwischen Mensch und Natur sowie zwischen Innen- und Außenwelt als dialektische Verknüpfung geschaffen. Mit ausgereiften sprachkünstlerischen Stilmitteln ist das Element der wechselseitigen Bedingtheit von Lebendigsein und Sterben in die Gesamtkonzeption des Werkes eingebaut. Persönliches Wachstum wird innerhalb dieses Prozesses vom Autor als Angstüberwindung und Selbsterkenntnis interpretiert.
Dem Leser wird somit die Möglichkeit gegeben, ein anderes, ein bewussteres Verhältnis zu sich selbst zu „erspüren“. Innerhalb der stilistischen und inhaltlichen Vielfalt der Gedichte ist Neuentdeckung im Sinne einer Selbstentdeckung immer wieder möglich.
Statt Lösungen werden Szenarien entfaltet, die neue Betrachtungsweisen offen legen. Durch eine durchdachte und eindringliche sprachliche Intensität werden Metaphern gezeichnet, die tiefgründige Schichten der Psyche durchdringen. Auf diesem Wege werden dem Leser auf eindrückliche Art Kanäle für eine besondere Form der Wirklichkeitskonstruktion und Selbstwahrnehmung zugänglich gemacht. Dabei entwickelt der Autor mal kraftvolle, ausdrucksstarke Wortgebilde, mal fein gezeichnete leise Töne.
Das Werk beginnt mit einem Anfang, der an das Ende anknüpft oder anders gesagt: es beginnt mit einem Ende, das einen Neubeginn darstellt. Das Abschlusskapitel beschreibt in verdichteter Prosa die Beziehungskrise eines Paares teils nüchtern, teils lyrisch-surreal. Wirklichkeitsgrenzen verschwimmen und es werden hierbei dramaturgische Stilmittel benutzt, die punktuell an ein Drehbuch erinnern. Durch eine aufgeworfene Frage wird hier der Bezug zum Anfang wieder hergestellt: Die Antwort verbleibt als Frage. Und solange wir Fragen stellen können - und insbesondere uns selbst fragen können - bleibt der Zyklus bestehen, jene Dynamik und Sensibilität, in der wir uns jenseits trügerischer Schein-Eindeutigkeiten entwickeln können. Das Leben als Fluss in ständiger Bewegung. Ein lesenswertes und vor allem vielschichtiges, wertvolles Buch zum „Entdecken“; vor allem aber ein Werk, das berührt.
weiterlesen