Ringstraßenzeit und Wiener Moderne
Porträt einer literarischen Epoche des Übergangs
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Stellt man sich die Geschichte als Gebäude vor, in dem die Zeitalter in verschiedenen Stockwerken, die Epochen in Sälen, Zimmern und Kammern untergebracht sind, wären die Ringstraßenzeit, die für wirtschaftlichen Aufschwung steht, und die Wiener Moderne, die für eine intellektuelle Blüte steht, in aneinandergrenzenden, durchaus repräsentativen Räumen untergebracht. Aus Sicht der Literaturwissenschaftlerin Evelyne Polt-Heinzl sollte der Durchgang zwischen diesen beiden Zimmern so groß wie möglich sein, die Schwelle sollte keine Barriere, sondern eine Verbindung sein.
In gewohnter Souveränität schüttet Polt-Heinzl in ihrem neuen Buch ein Füllhorn an detaillierten Informationen und spannenden Querverbindungen aus; die Generationengrenzen werden offen gehalten; scheinbar Selbstverständliches wird hinterfragt und Verlorengegangenes aufgespürt. Im Kapitel 'Technikdiskurse' etwa werden Innovationen wie die Elektrifizierung, das Automobil, die Mode des Sich-photographieren-Lassens oder die Herausforderung, die das Benützen von Aufzügen darstellt (Stichwort: Elevator Sickness), geschildert – die literarischen Werke werden dafür genauso herangezogen wie unmittelbar das Leben betreffende Quellen wie Briefe und Tagebucheinträge. Amüsant etwa, zu welchen Wortspielereien technische Neuerungen oft anregten: Marie von Ebner-Eschenbach verwendet 1909 die
Formulierung 'abgeautomobilt', Arthur Schnitzler schreibt 1923: 'Samstag autelten wir nach Südtirol.'
Mit Schnitzler und Ebner-Eschenbach sind auch die beiden wichtigsten Kronzeugen für Polt-Heinzls 'Porträt einer literarischen Epoche des Übergangs' genannt. Doch wie immer lässt Evelyne Polt-Heinzl nicht nur die Repräsentanten des Kanons zu Wort kommen, sondern Autoren und besonders Autorinnen, die im Lauf der Zeit aus der Literaturgeschichte geworfen wurden oder bestenfalls in Fußnoten abgedrängt worden sind. Aus bildungsbürgerlicher Sicht ist es wohl keine Schande, nichts von Marie Eugenie delle Grazie, Auguste Groner oder Helene von Druskowitz gelesen zu haben, ihr Kennenlernen erweitert indes allemal den Horizont.weiterlesen
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