Rosenkind
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Die ehrwürdigen Klostermauern von Rathausen, drunten, am stillen Ufer der Reuss, muten so eigenartig an, denn sie bergen so manches Geheimnis der Vergangenheit.*
Drei Jahre nach dem Tod des Vaters (1922) nahm man der Mutter Franziska Bucher die sieben Kinder weg und wies sie in die Erziehungsanstalt Rathausen LU ein. Dieses wurde von katholischen Schwestern einer Kongregation geführt und von einem Priester geleitet, der seine pädophile Neigung nicht im Griff hatte. Autoritäre, strenge Erziehung war an der Tagesordnung. Eines der Mädchen, Berta, erlitt infolge harter Bestrafung eine Hirnverletzung und starb.
Anna, Bertas Schwester, aus deren Perspektive das Geschehen beleuchtet wird, wurde zwei Tage und Nächte in den Karzer gesperrt, bis sie der Oberin versprach, zu schweigen über das, was sie mitansehen musste. Die Bilder, die sie niemandem schildern darf, begleiten und verfolgen sie ihr Leben lang.
Aus dem Nachwort von Prof. Dr. Markus Furrer, Leiter der vom Regierungsrat des Kantons Luzern in Auftrag gegebenen Expertenkommission zur historischen Aufarbeitung.
Anna wird nach ihrer Entlassung aus dem Heim eine Dienststelle in Freiburg antreten und beginnt dann in Luzern eine Schneiderinnenlehre. Von da an ist sie nach langen Jahren der Trennung wieder mit ihrer Mutter zusammen. Anna eröffnet nach der Lehre ein eigenes Atelier. Später heiratet sie. Allmählich kommt die Familie wieder zusammen – auch die anderen Kinder können nach ihrer Heimentlassung zur Mutter zurückkehren. Narben der langen Trennung und des Auseinandergerissenseins bleiben und prägen die Biografien der Einzelnen.
Erica Brühlmann-Jecklin erzählt die sich in Rathausen kreuzenden Lebensgeschichten in eindrücklicher Weise und gibt den Betroffenen ein Gesicht und eine Stimme. Wie in einem Mosaik fügen sich die Teilgeschichten zusammen. Ergänzt werden sie mit Quelleninterpretationen und dialogisch geführten Passagen, bei denen Überlegungen und Handeln wichtiger Akteure gedeutet werden.
Die Geschichte der Familie Bucher steht exemplarisch für unzählige weitere Schicksale.
Inkl. CD:
Gemäss Annas Nachkommen war es oft das Singen, das der Mutter half, ihr Leben erträglicher zu machen. Eines der Lieder war z.B. ‹Guten Abend, gut Nacht, mit Rosen bedacht›. Deshalb ist dem Buch (wie bei ‹Alice singt›) eine CD mit 3-stimmig a-capella gesungenen Liedern, die im Leben der Bucher-Familie eine Rolle spielten, beigefügt. Damit wird – zusätzlich zur historischen Aufarbeitung – auch dem Erhalt von Volksliedgut Rechnung getragen.
* Aus der Gedenkschrift zur Jubiläumsfeier ‹Fünfzig Jahre Erziehungsanstalt Rathausen 1883–1933›weiterlesen
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