Mit Bad Buchau und seiner Lage am oberschwäbischen Federsee wird zurecht die Bedeutung der vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts freigelegten prähistorischen Befunde im Federseemoor verbunden. Für die Nationalsozialisten boten diese Grabungsergebnisse die gesuchte Gelegenheit, sie für den von ihnen propagierten Germanenkult ideologisch zu vereinnahmen. Dazu wurde 1941, also wenig nach der Reichspogromnacht, in der auch die Buchauer Synagoge zerstört wurde, direkt neben der Buchauer Stiftskirche die sog. 'Gymnastik- und Feierhalle' errichtet. Dieser Kultbau sollte als Zentrum des in den Stiftsgebäuden eingerichteten Kindergärtnerinnen-Seminars der 'Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt' dienen und als bauliche Manifestation der von den Nationalsozialisten angestrebten 'Deutschen Volkskirche' den architektonischen Rahmen für Germanen- und Körperkult bieten. Nicht nur die örtliche Nähe des Synagogen-Grundstücks und der Feierhalle in Buchau, sondern auch die Parallelität von Synagogen-Zerstörung und Errichtung des Nazi-Kultbaus verbieten eine getrennte Sicht dieser Ereignisse. Mit der Zusammenschau – erstmalig werden hier nun die Synagoge in virtuellen Simulationen und die 'Feierhalle' in Planzeichnungen vorgestellt– tun sich Kausalitäten und Wirkzusammenhänge auf, die jenseits rationalistischer Säkularisierungsvorstellungen auf eine Verheißungsgläubigkeit, parareligiöse Heilserwartung und Sehn-SUCHT nach Mythen verweisen, die jedoch nicht nur politische Ideologien prägen, sondern genauso die scheinbar so sachliche 'Moderne'. Damit lässt sich ganz grundsätzlich erkennen, dass 'Modernekult', 'Germanenkult' etc. einer gleichen Jahrhundert-Verfasstheit entstammen. Der Autor Joachim Ganzert ist Professor für Bau- und Stadtbaugeschichte an der Leibniz Universität Hannover. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die antike Architektur und ihr kulturgeschichtlicher Kontext, Architekturtheorie, sowie das 'Neue Bauen' und sein kulturgeschichtliches Umfeld.weiterlesen