SICHTBAR MACHEN
Politiken des Dokumentarfilms
Texte zum Dokumentarfilm, Bd. 20
»Der Film zeigt nicht nur Bilder, er umgibt sie auch mit einer Welt.« Gilles Deleuze zufolge zeigt sich das Verhältnis von Bild und Welt vielgestaltig. Dieser Heterogenität entsprechend lassen sich die dokumentarischen Formen des Sichtbarmachens deuten. Zum Kernbestand dokumentarischer Ästhetik wie dokumentarischer Politik gehört es, Aufmerksamkeit dorthin zu lenken, wo sie zuvor fehlte.
Vor dem Hintergrund einer offenbar unentrinnbar mit Machtmechanismen und Erkenntnis-ansprüchen verknüpften Sichtbarkeit möchte der Band »Sichtbar machen. Politiken des Dokumentarfilms« grundlegende Fragen aufwerfen und diskutieren. Diese betreffen me-diale Aspekte wie Bild, Stimme und Sprache ebenso wie die im weitesten Sinn epistemo-logischen der Fiktion, des Realitätsbezugs sowie der stets instabilen, dafür umso dy-namischeren Wahrheitsproduktion.
Die Beiträge rollen das Spannungsverhältnis zwischen Politik und Ästhetik gewissermaßen von der anderen Seite her auf: nicht von der Seite der Autonomie, sondern von jener der Heteronomie des Ästhetischen. Insbesondere werden dabei dokumentarische Verfahren in den Fokus gerückt, die eine politisch verstandene Sichtbarkeit zugleich her- und in Frage stellen. Sichtbarkeit wird von diesen Verfahren nicht einfach als empirische Eigenschaft von Gegenständen vorausgesetzt. Vielmehr erzeugen sie komplexe Beziehungen zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren, den Sphären der Worte, Dinge und Körper, den Gesten der Disjunktion und jenen der Verbindung, den Praktiken der Erfassung von Gegenwart und der Lebendigkeit der Geschichte.weiterlesen