Der affective turn der Kulturwissenschaften hat auch die Soziologie erfasst. Insbesondere die empirische Untersuchung sozialer Affizierungen stößt auf breites Interesse, verspricht sie doch, neue Forschungsfelder zu erschließen und zugleich im Fach verbreitete Vorannahmen grundlegend in Frage zu stellen. Hierfür wird mangels soziologischer Alternativen insbesondere auf philosophisches Theorievokabular zurückgegriffen, das jedoch spezifisch soziologischen Frage- und Problemstellungen nur unzureichend Rechnung tragen kann.
Die vorliegende Untersuchung möchte affekttheoretische Kerngedanken aus einer dezidiert soziologischen Perspektive theoretisch integrieren. Als zentrale Anschlussstelle wird der Begriff der Situation im Verständnis des methodologischen Situationismus identifiziert: Wie in den Affekttheorien werden auch in situationistischen Soziologien Prozesse fokussiert, die sich zwischen den an ihnen beteiligten Körpern abspielen.
In der Ausarbeitung eines situationsbasierten soziologischen Affektverständnisses werden im ersten Teil der Untersuchung einschlägige soziologische Situationskonzepte auf ihre affekttheoretische Anschlussfähigkeit hin geprüft. Die Ergebnisse dieser Prüfung dienen als Grundlage des zweiten Teils, der sich bestehenden Vorstellungen über Affektivität im Umkreis von als anschlussfähig erachteten Positionen zuwendet und im Verlauf insbesondere auf praxeologische Ansätze zuspitzt. Im Anschluss stellt der Autor ein eigenes heuristisches Affektverständnis zur Diskussion.weiterlesen