Standortanalysen mit Berücksichtigung der verkehrlichen Wirkungen
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Der stetige Wandel der Bevölkerung führt zu Änderungen von Infrastrukturen. Während die städtischen Regionen Bevölkerungszuwächse verzeichnen können, kämpfen ländliche Regionen mit Bevölkerungsrückgängen. Dies führt dazu, dass in den Städten die Kapazität der Verkehrsinfrastruktur vielerorts bereits erreicht bzw. überschritten ist. Die Folge ist die Reduktion der Aufenthaltsqualität, was zu Konflikten mit den Fußgängern und Radfahrern führt. Da der öffentliche Verkehr nur bedingt konkurrenzfähig ist, sind Infrastrukturen so zu schaffen, dass eine Zunahme des Verkehrsaufkommens so gering wie möglich gehalten werden kann. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Wohn- und Arbeitsraum in diesen Regionen. Die Ausgangssituationen führen dazu, dass zukünftig der Zusammenhang zwischen der Verkehrsnetz- und Standortplanung (noch) stärker als in der Vergangenheit berücksichtigt werden muss. In den vergangenen Jahren gab es eine Vielzahl von Forschungen zu integrierten Flächennutzungs- und Verkehrsmodellen. Diese finden vorrangig außerhalb Deutschlands Anwendung und benötigen eine Reihe von Eingangsgrößen, wodurch deren Anwendung fachspezifisch wird. Eine der am häufigsten genutzten Kenngrößen in den Forschungen ist die Erreichbarkeit, die sowohl in der Standortplanung als auch in der Verkehrsplanung Anwendung findet. Derzeit existiert keine einheitliche Definition der Erreichbarkeit. In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass die Erreichbarkeit den mittleren Aufwand zum Erreichen eines Ortes gewichtet mit einer Strukturgröße für eine Aktivität abbildet. Neben der Erreichbarkeit werden aus verkehrlicher Sicht die Kenngrößen Fahrzeit, Kosten, Verkehrsleistung, Reiseweite und Bedienungshäufigkeit vermehrt herangezogen. Als raumplanerische Kenngrößen eignen sich neben der Erreichbarkeit die Flächennutzung und Siedlungsdichte. Aufgrund der Kapazitätsengpässe in den städtischen Verkehrsnetzen erscheint es sinnvoll, die Streckenauslastung in die Betrachtungen mit einzubeziehen. Ziel der Arbeit ist es, vorhandene Methoden der Standortanalysen und -planungen so zu erweitern, dass die verkehrlichen Wirkungen der Standorte besser berücksichtigt werden können. Die Standorte können neben Wohn- und Arbeitsplätzen auch Standorte der Daseinsvorsorge beinhalten. Die Standorte der Daseinsvorsorge sowie die Wohnstandorte und Arbeitsstandorte müssen jeweils einzeln betrachtet werden. Für Standorte der Daseinsvorsorge ist es möglich, die verkehrlichen Wirkungen, ohne den Einbezug der verkehrlichen Nachfragewirkungen, in die Standortanalysen einzubeziehen. Die in der Arbeit entwickelte Methode wird als angebotsorientierte Standortanalyse bezeichnet. Ihr liegen Datenmodelle der Bevölkerung, der Standorte und des Verkehrsangebots zugrunde. Basierend auf den Datenmodellen erfolgt im Wirkungsmodell die Berechnung der Erreichbarkeit für eine Aktivität pro Person und Modus zum nächsten Standort. Dabei wird jeweils vom zeitkürzesten Weg ausgegangen. Des Weiteren können die Bedienungshäufigkeit, Umsteigehäufigkeit und der Erreichbarkeitsindex ermittelt werden. Die Kenngrößen sind der Ausgangspunkt der Szenarienbildung. In einzelnen Szenarien wird ermittelt, wie sich die Reisezeit verändert, wenn ein Standort geschlossen bzw. eröffnet wird. Neue Standorte sind nach Möglichkeit so zu wählen, dass die Verkehrsteilnehmenden die Zeitaufwände zur Erreichung der Ziele reduzieren können. Bei einer Schließung eines Standortes ist aus Sicht der Erreichbarkeit der Standort zu wählen, der die geringsten Reisezeitzuwächse für die Verkehrsteilnehmenden mit sich bringt. Es ist ebenso möglich, neue Wohnstandorte zu identifizieren. Hingegen fordern Standorte für Wohnen und Arbeiten den Einbezug der verkehrlichen Nachfragewirkungen. Die Standortanalysen sind demzufolge nachfrageorientiert. Grundlage der Analysen sind Datenmodelle der Bevölkerung, der Standorte, der Flächenverfügbarkeit sowie des Verkehrsangebots und des Mobilitätsverhaltens. Der Einbezug eines Verkehrsnachfragemodells ermöglicht im Wirkungsmodell der Ortsveränderungen die Berechnung der Aktivitätenwahl, die sich aus dem modellierten Mobilitätsverhalten ergibt. Die Nachfrage kann differenziert nach Wegezwecken erfolgen. Ebenso ist es möglich, die Verkehrsstärke im Netz je Modus und die Verkehrsleistung je Modus und Einwohner bzw. Arbeitsplatz zu ermitteln. Dadurch ist die Berechnung einer verkehrlichen Eignung je Verkehrszelle möglich. Die verkehrliche Eignung dient als objektive Bewertungsgröße, die in die darauffolgende Szenarienbildung eingeht. Dies ermöglicht den Vergleich der Wirkungen von heutigen und zukünftig geplanten Standorten auf die Verkehrsnachfrage. Standorte sind nach Möglichkeit so zu schaffen, dass die Verkehrsleistung im Pkw-Verkehr reduziert bzw. konstant gehalten werden kann. Die entwickelten Methoden werden am Beispiel der Region Stuttgart getestet. Um die Vergleichbarkeit der derzeitigen und geplanten Standorte und deren Wirkungen auf das Verkehrsgeschehen abbilden zu können, erfolgt die Nutzung des Verkehrsnachfragemodells für die Jahre 2010 und 2025. Die Berechnungen ergaben, dass die Verkehrsnachfrage durch die heutigen Wohn- und Arbeitsstandorte geprägt ist. Die erwarteten Änderungen der Bevölkerungsentwicklung bzw. Arbeitsplätze sind innerhalb der Region so gering, dass nur ein marginaler Einfluss auf die Verkehrsnachfrage nachweisbar ist. Die Betrachtungen der Verkehrsleistung je zusätzlichen Einwohner bzw. Arbeitsplatz zeigen, dass eine gezielte Standortplanung einen Einfluss auf das Verkehrsverhalten ausübt. So kann die Verkehrsleistung der zusätzlichen Einwohner im Vergleich zu den derzeit in der Region wohnenden Einwohnern reduziert werden. Für die Arbeitsplätze werden ähnliche Ergebnisse berechnet. Es kann daher festgehalten werden, dass durch eine gezielte Standortplanung unter Berücksichtigung der verkehrlichen Nachfragewirkungen bei neu hinzukommenden Einwohnern bzw. Arbeitsplätzen in der Region als auch bei Standortänderungen von Einwohnern bzw. Arbeitsplätzen die Verkehrsleistung beeinflusst werden kann. Neben den Wohn- und Arbeitsstandorten kann das Verkehrs-verhalten auch durch die Wahl der Standorte der Daseinsvorsorge beeinflusst werden. So zeigt der Vergleich, dass eine geänderte Wohnortwahl auch einen Einfluss auf die Wahl der Standorte der Daseinsvorsorge hat. Demzufolge sollte die Siedlungsstruktur mit all ihren Facetten nie separat betrachtet werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass durch einen minimalen Mehraufwand die vorhandenen Methoden so erweitert werden können, dass das zukünftige Verkehrsverhalten in Hinblick auf umweltverträgliche und soziale Aspekte beeinflusst werden kann. Dies setzt zum einen den Kenntnisstand über das aktuelle Verkehrsgeschehen als auch die Integration der Standortanalysen und der Verkehrsmodelle voraus.weiterlesen
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