Stimmen
Israel & Palästina - Zeitschrift für Dialog
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Die Situation in Israel/Palästina ist durch drei Entwicklungen geprägt: Erstens durch die Ergebnisse des dritten Wahlganges in Israel und damit verbunden durch die erneute Regierungsbildung Netanyahus. Mit Benny Gantz´ Eintritt in die Regierung war zugleich das Ende des von ihm initiierten Bündnisses Blau-Weiß besiegelt. Unabhängig vom Ausgang des Prozesses gegen Netanyahuhat in der Zwischenzeit die rechte Regierung ihre Arbeit aufgenommen. Sie umfasst 34 Minister und ist damit die größte Regierung, die Israel in seiner Geschichte hatte. Die Ursache für diese Hypertrophie liegt weniger in den
differenzierten Aufgabenstellungen, sondern in den Bemühungen, die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen
Lager zu befriedigen. Zugleich steht der amtierenden Premierminister wegen Korruption vor Gericht. Als Reaktion
auf diesen Prozess ist die israelische Gesellschaft weiter und tiefer gespalten als je zuvor.
Zweitens hat Netanyahu in seiner Regierungserklärung angekündigt, die mit Unterstützung der US-Amerikanischen Administration vorangetriebenen Pläne zur Annexion der Siedlungen in der Westbank trotz internationaler Proteste
voranzutreiben. Damit wäre nicht nur die Zwei-Staaten-Lösung obsolet, sondern Jordanien würde seine Vermittlerrolle
ins arabische Lager nicht mehr wahrnehmen können und wollen. Die Auswirkungen der Coronakrise in der Region sind u.a. auch vom Nahostkonflikt beeinflusst. Während Israel durch strikte Maßnahmen im Inneren (Lockdown und Infiziertentracking durch Apps) seine Fallzahlen erfreulich niedrig halten konnte, werden Beschränkungen durch die Besatzung von palästinensischer Seite mit großem Misstrauen wahrgenommen. In der deutschen Öffentlichkeit hat die
Debatte um den kamerunischen Politikwissenschaftler Achille Mbembe eine Kontroverse um Antisemitismus und
Postkolonialismus ausgelöst, die in die Forderung nach Ablösung des Antisemitismus-Beauftragten des Bundes, Felix
Klein, mündete. Während sich beide Seiten in diesen großen moralischen Narrativen unserer Zeit – Antikolonialismus
und Holocaustaufarbeitung – zumeist eindeutig positionierten, wird das innerdeutsche Klima davon so geprägt, dass der Erziehungswissenschaftler und Publizist Micha Brumlik sich genötigt sah, von einem ‚israelbezogenen Mc-Carthyismus‘ zu sprechen.weiterlesen
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