Traumaadaptierte Musiktherapie
Musiktherapie mit Erwachsenen, die an (komplexen) Traumafolgestörungen leiden
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
Edith Wiesmüllers mit diesem Buch in Druckform vorliegende und für die Fachöffentlichkeit aufbereitete Dissertation dürfte den Rang eines Gebrauchsbuchs für uns alle erreichen, welche nach der Frontation mit traumatisierenden Erfahrungen alle die Folgestörungen und -schäden zeigen, die wir unter der Begrifflichkeit „Psychotraumatologie“ zu verstehen und am Menschen zu behandeln versuchen. Was meine Begleitung dieser großen wissenschaftlichen Arbeit über die Jahre ihres Entstehens motivierte, war der Umgang Edith Wiesmüllers mit ihren Beobachtungen, wie Patienten „außerhalb und innerhalb der Musiktherapie (ihre Symptome) häufig durch Vermeidung, Übererregung, Hilflosigkeit, Ohnmacht und Kontrollverlust sowie dissoziative Symptome (ausprägen)“. Und wie zu dieser komplexen Symptomatik eine „angemessene musiktherapeutische Möglichkeit (der Behandlung)“ entwickelt werden kann. Schließlich birgt ein Agieren des traumatisierten Patienten mit Musik sehr wohl und oft die Gefahr einer Re-Traumatisierung in sich und macht Musiktherapie manchmal gefährdender als keine Therapie, was also dem Austreiben des Teufels des Traumas mit dem Beelzebub nahe käme. Dies Buch ist reich an Analysen solcher Negativ-Beispiele wie der Patientin, die beim Anblick des Klangwerkzeugs „Regenmacher“ die Flucht ergreift, weil das Instrumentenrohr sie an den Prügel erinnert, den der Vater in seine schwarze Pädagogik einbezog. Noch reicher ist die trauma-adaptierte musiktherapeutische Behandlungskonzeption, die die Autorin in diesem Werk zu einer Methodologie entwickelt, die eben Lehrbuchcharakter erreichen dürfte, sich in die Reihe von Wissens-Bibeln einfügt. (...) Diesen hohen Rang sehe ich bei dieser Arbeit auch dadurch, daß sie neben der klinischen Studie und der Entwicklung der traumaadaptierten Musiktherapie im Grundlagenkapitel eine Fülle von Anreicherungen folgender interdependenter Themenbereiche anbietet: Aspekte zur Geschichte der Psychotraumatologie inkl. Aspekten zum Verlaufsmodell psychischer Traumatisierung, Aspekte zur peri- und posttraumatischen Stressphysiologie (von der wir Musiktherapeuten viel wissen sollten), Aspekte zur aktuellen Diagnostik sowie Praxishilfen durch strukturelle Interview-Kriterien und Fragebögen etc. Für Praktiker mögen die vier aus mehreren Perspektiven reflektierten Fallrekonstruktionen aus der klinischen Praxis auf den ersten Blick nicht sehr tangierend sein mitsamt den ausführlichen Kriterien zur Konzeption des Studienteils, also die Beschreibung, Erhebung und Aufbereitung der qualitativen und quantitativen Datensammlung mit ihren Skalierungstechniken und Symptomchecklisten. Für den forschungsinteressierten Nachwuchs wird dies Buch ebenfalls ein Modell für eigenes Arbeiten von Bedeutung sein – und für uns Didaktiker ohnehin.
Hans-Helmut Decker–Voigt
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