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UmBau 23

Diffus im Fokus - Focus on Blur

Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)

diffus. Das 'weise, korrekte und großartige Spiel von unter dem Licht versammelten Körpern' – Le Corbusiers suggestive Definition von Architektur – ist heute nur noch historische Reminiszenz. Gemeinsames Merkmal vieler zeitgenössischer Architekturen ist die Auflösung der Kontur. Diller + Scofidios 'Blur Building' für die Schweizer EXPO 2002 in Yverdon-les-Bains wies als künstliche Wolke keinerlei feste Geometrie mehr auf. R&Sie entwarfen für Bangkok ein Museum, das sich in einer Hülle aus Staub verbirgt. Jean Nouvels Projekt für ein Guggenheimmuseum in Tokio gleicht einem Hügel aus Blättern. Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa suchen in ihren jüngsten Projekten nach einer körper- und schattenlosen Architektur mit nur scheinbar einfachen Geometrien. Diese Tendenz zu diffusen Konturen lässt vielfältige Interpretationen zu. Explizite Referenzen wie jene von R&Sie auf Duchamp weisen auf eine Beziehung zum Surrealismus hin. Als weiche, ursprünglich klar konturierte, aber in Auflösung begriffene Form lassen sie sich als pathologisches Symptom lesen, das kulturgeschichtlich der Romantik zuzuordnen ist. Umgekehrt erscheinen sie als Ergebnis unkontrollierbarer Addition, etwa in jenen Architekturen des Schaums, wie sie Peter Sloterdijk im dritten Teil seiner Sphären-Trilogie skizziert. diffus. Der Dekonstruktivismus hat – trotz der Obsession der Dekonstruktivisten mit formaler Durcharbeitung – die Auflösung der architektonischen Form vorweggenommen. Jacques Derrida stellte in 'Die Wahrheit in der Malerei' das Konzept des Kunstwerks als organische Einheit mit Anfang, Mitte und Ende in Frage und damit zugleich den Status von Grenze und Form. Rosalind Krauss und Yve-Alain Bois beziehen sich in jüngeren Arbeiten auf Georges Batailles Konzept der Formlosigkeit, um neue Wege des Denkens über Surrealismus und Kunst zu eröffnen. diffus. Die diffuse Kontur ist nicht allein eine Frage der Hülle. In einem Text über ontologische Relativität beschreibt Willard van Orman Quine einen Körper als 'eine spezielle Art von physischem Objekt, einigermaßen kontinuierlich im Raum, eher kompakt, das sich deutlich vom Großteil seiner Umgebung abhebt und sich zeitlich durch eine Kontinuität von Ortsveränderung, Verformung und Verfärbung individualisiert.' Er stellt fest, dass diese Vorstellung eines Dings die Basis für die meisten populären Ontologien ist, was sicher auch für das architektonische Denken gilt. Im Gegensatz dazu destabilisiert die unscharfe Kontur die geläufigen Vorstellungen von Innen und Außen, Baukörper und Umgebung, Öffentlichem und Privatem. In ihrer radikalsten Version kulminiert diese Tendenz in einem 'Flat Space', wie ihn die japanische Architektengruppe Bow-Wow in ihren Projekten thematisiert.weiterlesen

Dieser Artikel gehört zu den folgenden Serien

Sprache(n): Deutsch

ISBN: 978-3-7025-0531-8 / 978-3702505318 / 9783702505318

Verlag: Verlag Anton Pustet Salzburg

Erscheinungsdatum: 07.09.2006

Seiten: 224

Auflage: 1

Reihe herausgegeben von Österreichische Gesellschaft für Architektur
Foto(s) von Gisela Erlacher

12,00 € inkl. MwSt.
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