Umkreisung ist ein Text ohne Fluchtpunkt, wenn man möchte, ein Roman ohne Zentralperspektive, dafür aber mit einem für den Essay üblichen Autoren-Ich und den ihm eigenen Umkreisungsbewegungen. Ein Roman also, der kein Roman ist, ein Essay, der kein Essay ist.
Eine Person bildet den Ausgangspunkt dieser unterschiedlichen Suchbewegungen: Der Autor nennt sie Iris wie das Schwertliliengewächs und die Regenbogenhaut oder Blende des Auges. Für Iris wie für den fotografischen Blick gilt die Regel: Je kleiner die Blendenöffnung, desto größer die Schärfentiefe.
Mit Umkreisung werden die unterschiedlichsten Töne oder Erzählweisen angestimmt, von der Reportage bis zum Listen-Gedicht. Ausgangspunkte sind alltägliche Geschichten, die der Ich-Erzähler mit Bedeutung auflädt, indem er ständig neue Verbindungen zu anderen Dingen herstellt. Dabei entsteht auch ein Stadtroman; kreuz und quer ziehen sich die Wege durch Wien zu realen Schauplätzen: Museen und Bibliotheken, Galerien und Veranstaltungsorten. Und so führen die Umkreisungen doch zu einer Mitte – Wien als Zentrum einer Obsession, die wiederum im gestirnten Himmel ein übergroßes Gegenüber findet. So erfährt der in die Mehrzahl gesetzte Mittelpunkt seine Auflösung, denn wie Kopernikus 1510 schrieb: »Der Mittelpunkt aller Himmelskörper ist nicht ein einziger.«weiterlesen