Um 1920 schuf der Künstler Kurt Schwitters ein ›Undbild‹, während der Philosoph Franz Rosenzweig eine Philosophie des ›und‹ formulierte. Die beiden wussten nichts voneinander, umso erstaunlicher ist die Parallelität der Ereignisse. Hier wie dort kreiste die Aufmerksamkeit um diesen unscheinbarsten aller Ausdrücke, der genau genommen gar nichts ausdrückt. Ein nacktes ›und‹ bedeutet nichts. Man erwartet allenfalls, dass es bedeutungsvolle Ausdrücke verbindet. Wie aber konnte es um 1920 dazu kommen, dass dieses nackte ›und‹ ein Thema wurde und an völlig verschiedenen Stellen hervortrat? Irrlichternd durchläuft es Bilder und Texte jener Zeit, und zwar in einer größeren Verteilung, als man zunächst erwarten könnte. »Rebellion des und«, »Freiheit zum und« sind Formulierungen aus diesem Kontext. »Deutscher und Jude sein – was heißt da ›und‹?«, so hat Franz Rosenzweig gefragt. Er hat dem Wort auf diese Weise einen zutiefst politischen Sinn gegeben. Von daher fällt ein Schlaglicht auf die Möglichkeitsräume der Konjunktion, in denen einiges in Erscheinung treten kann: mögliche Krisen wie auch mögliche Anschlüsse in vielerlei Modalitäten. Wir werden uns auf die Artikulation ambivalenter Erfahrungen gefasst machen müssen, wie sie an dem Wörtchen ›und‹ jederzeit in Erscheinung treten können. So war es damals, so ist es heute. In den jeweiligen Thematisierungen des ›und‹ verbergen sich historische Signaturen, die zu entziffern sind.weiterlesen