Wer Ende November in Ronco s. Ascona unter dem Buntlaub wartet,
spürt das Restchen Sommerwärme im alten Mauerwerk wie angehaltener
letzter Atem, bevor es auch im Tessin feucht und dunkel wird.
Andreas Kohlschütter verdichtet das Motiv der Vergänglichkeit mit
Sprache und überlässt ihm eine eigene Bedeutung.
In der posthumen Auswahl findet sich aber noch ein anderer Kohlschütter:
der mutige Zeitgenosse, der dem Frieden auf die Sprünge
helfen wollte, damit die Menschen in der Balkanregion wieder an eine
bessere Zukunft glauben durften. Noch 1998 fühlte er sich im kroatischen
Knin in einem verlorenen Land. Zwar stammte der Kriegsschutt
von gestern, doch die Kriegsrhetorik ließ sich kaum eindämmen. Diese
Gedichte, während Auslandeinsätzen entstanden, sind mehr als nur
ein Zeitdokument, um sich der Rhetorik des Friedens bedienen zu
können.
Andreas Kohlschütter (1935-2009). Während fast 20 Jahre arbeitete er als Auslandkorrespondent
für DIE ZEIT. Später übernahm er diplomatische Aufgaben auf dem Balkan, als
es darum ging, die Rückführung von Vertriebenen und Flüchtlingen zu dokumentieren.
Theo Sommer (*1930). Chefredaktor DIE ZEIT von 1973-1992. Danach – zusammen mit
Marion Gräfin Dönhoff und Helmut Schmidt – bis 2000 Mitherausgeber. Noch heute
schreibt er für das Wochenblatt.weiterlesen