The Baltic Germans in Constitutional Russia, 1905-1914
Produktform: Buch
Die Minderheit der Deutschbalten bildete die dominierende soziale, wirtschaftliche, kulturelle und politische Elite in den westlichen, den Großteil der heutigen Staaten Estland und Lettland umfassenden Provinzen des Russländischen Reichs. Erstmals wird hier umfassend ihre Stellung in der Phase des auf die Revolution von 1905 folgenden konstitutionellen Regimes untersucht. Die neuen Umstände zwangen die Deutschbalten, ihr Verhältnis sowohl zu der zaristischen Regierung als auch zu den verschiedenen, in St. Petersburg um Macht und Einfluss ringenden Kräften, den anderen Völkern in den baltischen Provinzen sowie zu der breiteren Gemeinschaft der Deutschen in und außerhalb des Russländischen Reichs zu überdenken. Dieser Prozess war durch zwei grundlegende ideengeschichtliche Entwicklungen geprägt: zum einen durch die verspätete Entstehung einer deutschbaltischen nationalen Bewegung, zum anderen durch die Ausformulierung zweier stark gegenläufiger Strategien zur Anpassung an die neuen Verhältnisse. Während konservative Deutschbalten glaubten, ihren Vorteil in der althergebrachten Stellung als Untertanen des Zaren zu finden, verstanden sich Vertreter der liberalen Richtung als deutsche Bürger in einer russländischen bürgerlichen Gesellschaft.
In dieser Zeit verschoben sich auch die Machtverhältnisse unter den deutschbaltischen Ständen. Zwar blieb der Adel die einflussreichste Kraft, doch nahm die Bedeutung anderer gesellschaftlicher Gruppen, darunter der Mittelstand und eine steigende Zahl von Frauen, zu.
Das Beispiel der Deutschbalten gibt Aufschluss über die Relevanz von sozialer Schichtung, Geschlecht und Ethnizität in einer entstehenden bürgerlichen Gesellschaft. Zugleich werden in der Studie die gesellschaftlichen Konflikte im Spannungsfeld zwischen Bewahrung und Modernisierung beleuchtet, die dem konstitutionellen Experiment im Zarenreich zugrunde lagen.
The Baltic Germans were an elite minority which dominated social, economic, cultural, and political life in Imperial Russia’s western maritime provinces, territory which comprises most of today’s Estonia and Latvia. This is the first comprehensive assessment of their engagement with the Russian constitutional regime which emerged from the 1905 Revolution. The new circumstances compelled the Baltic Germans to reconfigure their relationship with the imperial government, to the various forces which contended for power in St. Petersburg, to the other peoples in the Baltic region, and to the wider community of Germans within the Russian Empire and abroad. Two principal ideological developments shaped this process. One was the belated debut of a Baltic German national movement. Another was the articulation of sharply divergent conservative and liberal strategies of accomodation. Conservatives sought advantage in the resilient mentalities of vassalage. Liberals redefined themselves as a community of German citizens in a Russian civil society. This period also produced shifts in the balance of power among constituencies. The aristocracy continued to wield considerable authority and influence, but other elements, among them the middle class and substantial numbers of women, played an increasingly important role in the public arena. Study of the Baltic German experience casts light on the politics of class, gender, and ethnicity in an emergent civil society. It also explores the clash between archaism and modernity which lay at the core of Imperial Russia’s constitutional experiment.
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