Vergleichende Untersuchung von Verbundglasscheiben und Polykarbonat-Scheiben
Produktform: Buch
BASt F 88:
Vergleichende Untersuchung von Verbundglasscheiben und Polykarbonat- scheiben
D.-U. Gehring, O. Zander
36 S., 41 z.T. farb. Abb., 5 z.T. farb. Tab., ISBN 978-3-95606-028-1, 2013, EUR 14,00
Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung führte die Bundesanstalt für Straßenwesen Fallturmversuche und reale Fahrzeugversuche mit dem Erwachsenenkopfimpaktor nach Verordnung (EG) Nr. 631/2009 sowie Fallturmversuche mit dem Phantomkopf nach UN-Regelung Nr. 43 durch. Ziel der Versuchsserien war die Untersuchung des Verletzungsrisikos ungeschützter Verkehrsteilnehmer, insbesondere von Fußgängern, im Falle einer Kollision mit einem Kraftfahrzeug gemäß den Europäischen Verordnungen (EG) Nr. 78/2009 und (EG) Nr. 631/2009. Hier galt es zu untersuchen, ob der Einsatz von Kunststoffscheiben für Windschutzscheiben in Kraftfahrzeugen zu einem höheren Verletzungsrisiko als der Einsatz von Verbundglas-Windschutzscheiben führt. Weiterhin sollten die Anwendbarkeit des in UN-Regelung Nr. 43 beschriebenen Phantomfallversuchs für Kunststoff- verscheibungen sowie ggf. notwendige Modifikationen oder Erweiterungen des Testverfahrens untersucht werden.
Im Rahmen der vorliegenden vergleichenden Untersuchung wurden insgesamt 30 Fallturmversuche, hiervon 18 mit dem Erwachsenenkopfimpaktor und 12 mit dem Phantomkopf, sowie 49 Komponentenversuche an realen Fahrzeugen mit dem Erwachsenenkopfimpaktor auf Scheibenproben aus Verbundglas (VSG), Polykarbonat (PC) sowie laminiertem Polykarbonat (L-PC) durchgeführt. Hierbei wurde der Einfluss verschiedener Parameter wie Materialeigenschaften, Befestigungsmethoden der Scheibenproben, Versuchsparameter (Anprallorte und Anprallwinkel der Impaktoren) sowie der Temperatureinfluss detailliert untersucht.
Im Laufe der Versuchsreihen konnten sowohl bei den durchgeführten Fallturmversuchen als auch im Rahmen der Fahrzeugversuche, bei letzteren mit Ausnahme der Versuche auf die Mitte der Windschutzscheibe, prinzipiell höhere Werte des Kopfverletzungskriteriums HIC während der Versuche auf Polykarbonatscheiben festgestellt werden. Da der HIC das gegenwärtig allgemein anerkannte und gültige Kriterium für die Bewertung des Risikos von Kopfverletzungen darstellt, kann bezüglich des Schutzes ungeschützter Verkehrsteilnehmer Polykarbonatscheiben ein höheres Verletzungspotenzial zugeschrieben werden als Glasscheiben.
Des Weiteren kann davon ausgegangen werden, dass der signifikant höhere Rückprall des Kopfes bei den Versuchen auf Polykarbonatscheiben zu höheren Belastungen des Halses sowie einem höheren Verletzungsrisiko beim Sekundäraufprall des ungeschützten Verkehrsteilnehmers führt.
Da auf der anderen Seite bei den Tests mit Polykarbonatscheiben auf Sichtprüfung durchweg keinerlei Beschädigungen der Scheibenproben festgestellt werden konnten, kann hier von einem signifikant geringeren Risiko von Schnittverletzungen ausgegangen werden.
Die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung durchgeführten Versuchsreihen geben keinen Anlass zu der Vermutung, dass das in UN-Regelung Nr. 43 beschriebene Testverfahren für die Genehmigung von Glasscheiben nicht ebenso für die Prüfung von Polykarbonatscheiben anwendbar ist. Es hat sich gezeigt, dass alle Proben aus Polykarbonat die Anforderungen der UN-Regelung Nr. 43 erfüllen.
Die Eigenschaften des Windschutzscheibenbereichs von Kraftfahrzeugen hinsichtlich seines Schutzpotentials für ungeschützte Verkehrsteilnehmer im Falle einer Kollision sind zwar nicht ausschlaggebend für die Typgenehmigung gemäß der zukünftigen UN-Regelung zum Fußgängerschutz. Auf der anderen Seite sollten zur Sicherstellung eines zumindest gleich großen Schutzpotenzials von Kunststoffscheiben im Vergleich zu Glasscheiben die Belange des Fußgängerschutzes für Kunststoffwindschutzscheiben Berücksichtigung finden.weiterlesen
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