Nachdem Frank Viehweg in den vergangenen Jahren mit
Nachdichtungen von Liedpoeten aus zahlreichen Ländern –
Shakespeare inklusive – brillierte, hat er sich nun Juri
Schewtschuk zugewandt. Das Schneeballsystem funktioniert.
Wer mit zwanzig Jahren Okudshawa entdeckte und mit
einundzwanzig Wyssozki, der kommt an der heute
berühmtesten Rockband Rußlands nicht vorbei. Schewtschuk
ist Gründer, Leadsänger, Komponist und Texter von
DDT
Den eigenen Tod eher in Kauf nehmen als den fremden,
wenn die Waffen brüllen, ist ein Gedanke, der sich durch
Schewtschuks Werke zieht. Die eigene Liebe wird nicht
dadurch glaubhafter, daß man für sie stirbt, sondern dadurch,
daß man für sie lebt. Vielleicht kann einer sich so dem
Vergessen entreißen, der Spurlosigkeit. Die Niederlage ist
vorläufig. Die Provokation, die in ihr liegt, ist von Dauer.
Frank Viehweg lauscht ihr nach und haucht den Texten seines
Wahlverwandten den Ton ein, mit dem er sich kenntlich
macht im Eigenen wie im Fremden. Zugleich trägt er die
poetische Welt Schewtschuks weiter, seine grimmige Ironie,
sein lakonisches Unbehaustsein.
Henry-Martin Klemtweiterlesen