Christoph Joseph Sucros 'Versuche in Lehrgedichten und Fabeln' (1747) sind heute nahezu vergessen, obschon sie einen wichtigen Beitrag zur Anthropologie der mittleren Aufklärung leisten. Sie unterscheiden sich von anderen Lyrik- und Kurzprosasammlungen der Zeit, weil sie neben Lehrgedichten über philosophische, theologische und anthropologische Themen auch eine kurze Poetik des Lehrgedichts enthalten. Der Baumgarten-Schüler Sucro eiferte nicht nur Albrecht von Haller und Alexander Pope in einer um 1750 beliebten Gattung nach. Er bemüht sich zugleich, das Lehrgedicht zwischen Wissenschaft und Kunst neu zu bestimmen. Mit der Sammlung liefert Sucro einen zweifachen Beitrag zur Anthropologie der mittleren Aufklärung. Wie Alexander Pope und Albrecht von Haller macht er anthropologische Fragen zum Gegenstand seiner Dichtung, darunter die Auffassung von der Doppelnatur des Menschen. Zugleich sollen anthropologische Inhalte über die unteren Sinnesvermögen vermittelt werden, wie es in Anlehnung an Alexander Baumgarten heißt. Dieser doppelte Zugriff macht Sucro zu einer wichtigen Vermittlerfigur der mittleren Aufklärung, die ein Licht auf die in Halle entstehende Anthropologie wirft.weiterlesen