Vielfalt in Ausbildung – Zugewanderte im Berliner Berufsbildungssystem
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
In Deutschland ist die berufliche Bildung entscheidende Grundlage für einen erfolgreichen Start ins Berufsleben. Die Stärken des deutschen Berufsbildungssystems werden besonders im internationalen Vergleich deutlich (OECD 2023), dennoch verliert die Berufsausbildung bei jungen Menschen in Deutschland seit vielen Jahren an Attraktivität. Oder andersherum betrachtet: Die Betriebe bieten für immer weniger junge Menschen attraktive Ausbildungsplätze an. Das ist umso besorgniserregender, wenn wir den aktuellen Fachkräftemangel auf dem deutschen Arbeitsmarkt bei gleichzeitig schwindenden Zukunftsperspektiven für viele junge Menschen betrachten.
In Berlin ist diese Problematik auf dem Ausbildungsmarkt weitaus dramatischer und weicht deutlich von der in anderen Bundesländern ab. Hier übersteigt die Anzahl der Bewerber*innen die verfügbaren Ausbildungsplätze. Diese Entwicklung ist u. a. damit zu erklären, dass in Berlin lediglich 37,0 % der Betriebe eine Ausbildungsberechtigung besitzen, im Vergleich zum Bundesdurchschnitt von 52,0 % (Betriebspanel Berlin 2021). Darüber hinaus bildet nur die Hälfte dieser zugelassenen Betriebe tatsächlich aus (ebd.).
Die Herausforderung in Berlin besteht jedoch nicht nur im Mangel an Ausbildungsplätzen, sondern auch in der unzureichenden Passung zwischen Jugendlichen und Lehrstellen, wie die hohe Zahl unbesetzter Stellen zeigt. Im Ausbildungsjahr 2020/2021 konnten 45,0 % der Betriebe, die Ausbildungsplätze anboten, mindestens eine dieser Stellen nicht besetzen, weil sie keine geeigneten Bewerber*innen fanden (ebd.). Das Problem erstreckt sich auch auf die unzureichende Vorbereitung der Jugendlichen in den Schulen auf die Anforderungen des Ausbildungsmarktes. Dies erschwert einen reibungslosen Übergang von der Schule in die Ausbildung.
Das im Juli 2023 beschlossene Bündnis für Ausbildung unterstreicht die hohe Priorität in Berlin, Ausbildungsangebote für junge Menschen attraktiver zu gestalten, um den Fachkräftebedarf der Berliner Wirtschaft zu decken. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf der Schaffung von 2.000 zusätzlichen Ausbildungsplätzen bis April 2025, sondern auch auf der Bereitstellung von Möglichkeiten für junge Menschen, eine klare berufliche Perspektive zu entwickeln (Der Regierende Bürgermeister 2023). Das Ziel des Bündnisses besteht darin, mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen und somit einen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen des Berliner Ausbildungsmarktes zu leisten.
Berlin unterscheidet sich nicht nur in Bezug auf den Ausbildungsmarkt, sondern auch hinsichtlich seiner Bevölkerungsstruktur von anderen Bundesländern. Nach Hamburg ist die Hauptstadt das zweitjüngste Bundesland in Deutschland (Statista 2023). In den letzten Jahren hat auch die Zuwanderung zur Verjüngung der Altersstruktur in Berlin beigetragen. Besonders junge Zugewanderte im Alter von 18 bis 27 Jahren wählen vermehrt Berlin als ihren neuen Wohnsitz (Amt für Statistik Berlin-Brandenburg 2022). Der Zuwachs an jungen und arbeitsfähigen Menschen aus aller Welt bereichert nicht nur das gesellschaftliche Leben, sondern trägt auch zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt bei. Besonders EU-Zugewanderte spielen dabei eine wichtige Rolle, da sie im Rahmen der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union ohne aufenthaltsrechtliche Hürden in Deutschland arbeiten oder studieren können (Pfeffer-Hoffmann 2021: 11).
Eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt erfordert zweifellos eine gelungene Bildungsteilhabe. Es ist kein Geheimnis, dass berufliche Ausbildung zu einer besseren Integration in den Arbeitsmarkt führt. In diesem Kontext bietet die duale Ausbildung in Deutschland eine wertvolle Möglichkeit, den jungen Zugewanderten gute Karrierechancen in verschiedenen Branchen zu eröffnen und gleichzeitig zur Deckung des Fachkräftebedarfs des Landes beizutragen. Angesichts der jungen Altersstruktur der (Neu-)Zugewanderten in Berlin ist es von herausragender Bedeutung, gezielte Untersuchungen zur Bildungsteilhabe von (EU-)Zugewanderten durchzuführen.
Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung stehen die Fragen, ob sowohl die Zugewanderten selbst als auch ihre Nachkommen erfolgreich in den Ausbildungsmarkt integriert werden und ob Zugangsmöglichkeiten zu Ausbildungsprogrammen sowie ein erfolgreicher Übergang von der Schule in eine berufliche Ausbildung gewährleistet sind. Dafür schauen wir uns die damit zusammenhängenden vielfältigen Maßnahmen an und analysieren die Auswirkungen auf (EU-)Zugewanderte. Unter Berücksichtigung der gesamtdeutschen Entwicklung analysieren wir vorrangig die Berliner Situation, die sich teilweise stark hinsichtlich der Wirtschaftsentwicklung, der Branchenstruktur, der Verfügbarkeit von (Ausbildungs-)Unternehmen aber auch hinsichtlich des Vorhandenseins von (EU-)Zugewanderten auf dem Ausbildungsmarkt unterscheidet.
Obwohl es nicht immer möglich ist, zwischen der Situation von Zugewanderten im Allgemeinen und EU-Zugewanderten zu unterscheiden, ist es das Ziel dieser Veröffentlichung, sich schwerpunktmäßig auf die Zielgruppe der EU-Zugewanderten zu konzentrieren. Dies resultiert zum einen aus der besonderen Situation dieser Gruppe aufgrund der Freizügigkeit, zum anderen aus den Zielsetzungen des Projektes „European Labour Lab Berlin“, im Rahmen dessen dieses Buch veröffentlicht wird. Dieses wird von der Abteilung Arbeit der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung gefördert und widmet sich der Situation von EU-Zugewanderten und ihren Beitrittskandidaten auf dem Berliner Arbeitsmarkt.weiterlesen
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