Warum Antisemitismus?
Zur Politik der Judenfeindschaft im Spannungsfeld von Kollektiv und Subjekt
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
In der Vergangenheit sind antisemitische Gewaltexzesse immer wieder durch den Verweis auf das Element der Kollektivität erklärt worden. Im Kollektiv löse sich der Einzelne als Subjekt seines eigenen Handelns auf, gebe die Hoheit über seine Selbstreflexion und die Möglichkeit seines emotionalen Verstehens auf, so die gängige These. Genügt es aber, Antisemitismus als eine Art Massenwahn oder als gemeinschaftlichen Regress in die Barbarei zu verstehen? Die Herausgeber:innen des vorliegenden Bandes verfolgen den Verdacht, dass das antisemitische Subjekt über diesen Aspekt hinaus anders und neu subjektiviert wird.
Denn: Wird nicht auch der Einzelne durch die Teilnahme an antisemitischen Praktiken als ein bestimmtes politisches Subjekt
hervorgebracht sowie auf eine bestimmte Weise politisch befähigt? Protest und Pogromstimmung ermöglichen es ihm, aus
dem Alltag des Spätkapitalismus auszubrechen. Durch die Hingabe an die Massen und die Imagination eines allmächtigen Bösen erlaubt Antisemitismus nicht nur die Abgabe jeglicher Verantwortung. Er ermöglicht ebenso – wie die Beiträge des Bandes zeigen –, sich in einem ritterlichen Kampf gegen eine vermeintliche Verschwörung zu wähnen.
Dem Band ist ein Vorwort des Faschismusforschers Roger Griffin vorangestellt, in dem er Michael Freedens Modell von ›dünnen‹ und ›dicken‹ Ideologien auf den Antisemitismus anwendet und ihn als ›dünne‹ Ideologie bestimmt, die sich als besonders anpassungsfähig an (nicht nur) ultranationalistische Ideologien und Bewegungen erweist. Darüber hinaus enthält das Buch eine erstmalig ins Deutsche übersetzte Rede Friedrich Pollocks. Pollock versuchte 1944 die Frage ›Warum Antisemitismus?‹ mit Blick auf das nationalsozialistische Projekt zu beantworten.
Dem Text wird ein Kommentar des Pollock-Experten Philipp Lenhard zur Seite gestellt.weiterlesen
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