Im Stimmungs-Atlas W-Weltall, betrachtet Sebastian Burdach das Weltall wie eine gedachte Landschaft.
Der Unterschied zu den horizontalen Landschaften der Erde besteht, neben der räumlichen Geometrie, vor allem im Verhältnis von sensorisch selbst erfahrbarer, subjektiver Realität zu medial vermittelten fremden Bildern, Erzählungen und Fiktionen. Daher wirkt der Weltraum wie ein fernes nie besuchtes Land, das man nur aus Erzählungen und von Bildern kennt, an dessen Existenz man aber trotzdem glaubt – als Traumwelt und Projektionsfläche.
Das Weltall stellt die Wissenschaft vor die Frage, was der Mensch von der Welt überhaupt wissen kann, und übernimmt so teilweise die Rolle des vorher religiösen Himmels, der zwar im irdischen Alltag nicht vorkommt und eher eine irreale Science-Fiction-Gegenwelt zu ihm bildet, aus dessen externer Perspektive die Erde aber als zauberhafte Einheit inmitten schwarzer Unendlichkeit erscheint.
Burdachs Text hat eine mäandernde literarische Essayform: Subjektiv und fragmentarisch ausgewählte Forschungsergebnisse, Science-Fiction-Filme, Gesteine, Bilder und Theorien werden beschrieben und paraphrasiert, das Material nach ästhetischen Gesichtspunkten angeordnet und miteinander in Beziehungen gesetzt. Burdach erörtert die kommerzielle Nutzung des Weltraums, die gegenseitige Beeinflussung von Science Fiction und Raumfahrt, den Wissensstand zu einzelnen Planeten und Himmelskörpern, die menschliche Projektionsfläche »Alien« und die Evolution von Weltraummissionen.
W-Weltall ist der TripAdvisor der Unendlichkeit und rüttelt an Verdrängungsmechanismen, die den Rest des Universums (und die Rolle des Menschen in ihm), im Alltag von uns fernhalten.
Sebastian Burdach, 1974 - 2020, Künstler und Autor. Studium VK an der HfbK Hamburg. Neben Teilnahmen an Ausstellungen und Filmfestivals, seit 2007 diverse Essays für das Hamburger Magazin Kultur&Gespenster (zuletzt »Horror Heimat«).weiterlesen