Gärten unterliegen ebenso wie Gebäude Stilrichtungen und sind damit Ausdruck der Vorstellungen ihrer Zeit. Wie der barocke Garten des französischen Stils Ebenbild eines absolutistischen Staates ist, in dem sich alles dem Willen des Souveräns zu unterwerfen hat, ebenso wie die Aufklärung ihr Lebensgefühl im englischen Gartenstil fand, spiegelt der großbürgerliche Villengarten des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts den Anspruch des Bürgertums als der nun bestimmenden Kraft wider. Die Öffnung der Gärten für die Öffentlichkeit entsprach dem immer lauter werdenden Wunsch nach demokratischer Teilhabe und leitete die Entwicklung hin zum öffentlichen Park, der für unsere Zeit typischen Form der gestalteten Natur, ein. Gärten sind damit ebenso wie Schlösser und Herrensitze, Kirchen und Pfarrhäuser, bürgerliche Villen und der Wohnungsbau der Moderne hervorragende, nichtschriftliche Quellen zur Geistesgeschichte. Ebenso wie bei schriftlichen Quellen bedarf es dabei der historischen Wissenschaft, um diese Quellen zu erschließen und zu interpretieren. Der Tag des offenen Denkmals 2006 rückte in Thüringen die Gartendenkmalpflege in den Mittelpunkt des Interesses. Von der politisch einst stark zersplitterten Struktur hat die Gartenlandschaft in Thüringen, was die adligen Gärten betrifft, zweifellos profitiert, denn jeder der vielen Territorialherrscher sah es gern, wenn sein Residenzschloß oder, wenn das aus städtebaulichen Gründen nicht möglich war, seine weiteren Schloßgebäude mit grünen und blühenden Parkflächen umgeben waren, in denen es sich vortrefflich lustwandeln ließ. Das Großbürgertum, das sich als eine Art neuer Adel verstand, beeilte sich auch im Thüringen des 19. und 20. Jahrhunderts, diesem Gartengestaltungsideal nachzueifern, und auch die Volksparkbewegung des 20. Jahrhunderts fand im Freistaat ihren Widerhall. Aus all diesen Gattungen von Park- und Gartenanlagen stellt das Buch repräsentative Beispiele in Wort und Bild ausführlich vor und lädt zu einem Besuch der liebevoll gepflegten Grünareale ein.weiterlesen