War Johann Karl Wezel zu radikal für seine Zeit? Dieser Frage widmete sich eine Tagung zum zweihundertsten Todestag des Spätaufklärers und Radikalrealisten im Jahr 2019, deren Beiträge im ersten Teil des vorliegenden Bandes enthalten sind. Sie nehmen Wezels satirisches, philosophisches, erzählerisches und dramatisches Werk sowie seine verlegerischen Erfahrungen in den Blick. Analysiert werden radikale Denk- und Darstellungsformen gleichermaßen: Es geht um Wezel als Radikalsatiriker und erzählenden Genealogen, um seine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Formen der Determination, um Karikatur und Groteske sowie die »instabile Ordnung« seiner Lustspiele. Der zweite Teil des Bandes erweitert die Perspektive auf andere Denker und Schriftsteller des langen 18. Jahrhunderts. Im Vordergrund stehen dabei unter dem Titel »Beziehungsgeschichten« ungewohnte Paarungen und andere teilweise randständige Autoren: Brockes und Herder, Uz und Schiller, Hegel und die Aufklärung sowie Wezel und Goethe. Wezel selbst konstatierte in Ueber Sprache, Wissenschaften und Geschmack der Teutschen 1781 – also vor 240 Jahren: »Wir haben Lehrbücher der Philosophie, aber keine Philosophie; viel Lehrer der Philosophie, aber wenig Philosophen. [...] Die Philosophie ist nicht mehr, was sie sein soll«. Das Wezel-Jahrbuch arbeitet weiterhin daran, diesem anhaltenden Notstand abzuhelfen, indem zum einen die Verdienste zu Unrecht vergessener Autoren bewahrt und zum anderen die engen diskursiven Verknüpfungen von Philosophie und Literatur in all ihren Facetten beleuchtet werden.weiterlesen