White Etching Cracks (WEC) in ölgeschmierten Wälzkontakten
Produktform: Buch
Die Wälzlagerauslegung hinsichtlich der Ermüdungslebensdauer nach DIN ISO 281 berück-sichtigt nicht die Auftretenswahrscheinlichkeit von Frühausfällen im Zusammenhang mit „White Etching Cracks – WEC“. Das Schadensbild WEC ist durch Risse in veränderten Gefügeberei-chen charakterisiert, welche aufgrund ihrer geringen Ätzreaktion weiß unter dem Lichtmikro-skop erscheinen. Der Schädigungsvorgang, der zu WEC führt, und dessen Einflussparameter sind weitestgehend ungeklärt. Ziel dieser Arbeit bestand daher in der Identifikation und Bewer-tung von Einflussparametern auf die Entstehung von WEC in ölgeschmierten Wälzkontakten. Dazu wurden experimentelle Arbeiten an Axialzylinderrollenlagern, Scheibenprüfkörpern und Radialzylinderrollenlagern durchgeführt. Parallel wurden die Oberfläche- und Materialbelastung im Wälzkontakt anhand von Simulationen ermittelt und zur Interpretation der auftretenden Scha-densbilder herangezogen. Die Gegenüberstellung der Schadensbilder aus den unterschiedlichen Systemen erfolgte begleitend auf makroskopischer und mikroskopischer Betrachtungsebene.
Am Axialzylinderrollenlager wurden zunächst Referenzbedingungen erarbeitet, deren Anwen-dung zur Entstehung von WEC führt. Die Untersuchungen zeigen, dass die Entstehung von WEC vermehrt im negativen Schlupfbereich stattfindet und durch die Erhöhung der Kontaktpressung sowie die Reduktion der Regenerationszeit begünstigt wird. Ferner zeigte das tribologische Sys-tem eine Sensitivität gegenüber der Schmierstoffformulierung. Ausfälle in Folge von WEC traten nur unter Verwendung eines vollformulierten Mineralöles begleitet durch einen erhöhten dif-fusiblen Wasserstoffgehalt auf. In Hinblick auf den Schädigungsvorgang konnte zusätzlich ge-zeigt werden, dass in diesem System die Initiierung von WEC unterhalb der Oberfläche auftritt.
Am Zweischeiben-Tribometer erfolgte die entkoppelte Untersuchung von Einflussparametern unter Verwendung von Radiallagerinnenringen. Die Schadensreproduktion wurde durch die Überführung von Kontakt- und Schmierungsbedingungen vom Axialzylinderrollenlager auf das Zweischeiben-Tribometer erreicht. Am Zweischeiben-Tribometer nimmt die Ausfallneigung der Scheibenprüfkörper mit abnehmendem Festkörpertraganteil infolge einer zunehmenden spezifi-schen Schmierfilmdicke ab. Des Weiteren wirkt sich eine Verringerung der „Slide-Roll-Ratio“ in Kombination mit einer einhergehenden Reduktion des Reibungskoeffizienten positiv auf die Lebensdauer aus. Beim Betrieb im Bereich der Grenzschmierung treten WEC vermehrt unter negativem Schlupf auf, im Bereich der Teilschmierung hingegen unter positivem Schlupf. In diesem tribologischen System traten die WEC unabhängig von den eingestellten Kontaktbedin-gungen hauptsächlich im Bereich der maximalen Kontaktpressung auf und wurden ebenfalls un-terhalb der Oberfläche initiiert. Das Vorliegen des gleichen Schadensmechanismus wie in Axi-alzylinderrollenlagern wurde durch die Analyse der Schadensbilder nachgewiesen.
Auch die Schadensreproduktion am Radialzylinderrollenlager erfolgte durch die Überführung der Kontakt- und Schmierungsbedingungen von Axialzylinderrollenlagern und Zweischeiben-Tribometer auf dieses tribologische System. Der in Radialzylinderrollenlagern fehlende kinema-tisch bedingte Schlupf wurde durch ein Unterschreiten der vorgegebenen Mindestlast gezielt auf-gebracht. In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass das abwechselnde Anfahren von Betriebspunkten unter ermüdungsfördernden und schlupffördernden Wälzlagerlasten zu einem Wälzlagerfrühaus-fall im Zusammenhang mit WEC führen kann. Anschließend wurden Betriebsbedingungen und somit Parameterkombinationen an feldrelevanten Radialzylinderrollenlagern identifiziert unter denen Wälzlagerschlupf bei Wälzlagerlasten oberhalb der Mindestlast auftritt und daher unter Verdacht stehen WEC zu begünstigen.weiterlesen