Die Anthologie Wir tragen ein Licht durch die Nacht. Gedichte aus der Welt des Bergmanns erschien im Sommer 1960 als Privatdruck; sie wurde anlässlich der 7. Generalversammlung der IG Bergbau, die vom 3. bis 8. Juli in Dortmund stattfand, an die Teilnehmer verteilt. In vier Abteilungen enthielt das 124 Seiten umfassende Bändchen – die Zitate in der Einleitung nicht mitgezählt – 81 Gedichte von 36 Autoren (unter ihnen zwei Frauen). Die meisten der darin Versammelten waren nur mit einem einzigen Text vertreten, andere – wie Otto Wohlgemuth (1884-1965) oder Paul Zech (1881-1946) – aber auch mit einer ganzen Anzahl. Am Ende war dem Band ein Verzeichnis angehängt, welches lexikonartig knappe Angaben über das Leben der Beiträger machte, über deren bislang erschienene Publikationen informierte und einschlägige Sekundärliteratur nannte. Obwohl die Anthologisten also einem einschlägigen Publikum eine Sammlung vorbildlicher Beispiele bergmännischer Lyrik aus dem 20. Jahrhundert vorlegen wollten, schienen sie doch nicht ganz sicher zu sein, dass die hier von ihnen Versammelten (noch) allgemein bekannt waren. Ihre Aufstellung machte – wie überhaupt das ganze Bändchen – fast den Eindruck eines Epitaphs (was in der bald einsetzenden Diskussion übrigens schnell bemerkt wurde und bald zu grundsätzlichen Auseinandersetzungen führte). Zwar war die Sammlung von den Bearbeitern in erster Linie als ein die Tradition bewahrendes Signal des Aufbruchs gemeint, in Wirklichkeit aber war es literarisch wie kulturpolitisch ein Abgesang. Pointiert gesagt: die Welt der Montanindustrie, welche in der sozialen Realität der Bundesrepublik Ende der 50er Jahre zu schwinden begann, wechselte hinüber in die symbolische Ordnung der ‚Dichtung‘. Diese Verwandlung wies – was damals gewiss niemand ahnte – in eine gar nicht so ferne Zukunft.weiterlesen