Wir waren Europäer
Eine jüdische Familiengeschichte in einem turbulenten Jahrhundert
Produktform: Buch / Einband - fest (Hardcover)
Als Werner Loval sein Buch „We were Europeans“ in der Bamberger Universität dem Publikum präsentierte, durfte ich als Bamberger Buchhändler einen Buchtisch gestalten und so selbst das Buch und Werner Loval kennenlernen. Schnell verstand ich, dass sein Buch eine Besonderheit aufweist. Fast alle Erinnerungsbücher überlebender deutscher oder europäischer Juden, die ich im Laufe meines Lebens gelesen habe, enden mit Vertreibung, Flucht und Holocaust. Nicht so das Buch des Werner Loval. Indem er seinen und seiner Familie Lebensweg bis in das 21. Jahrhundert beschreibt, lenkt er unseren Blick auf die Kraft, die Energie, die Lebensfähigkeit der europäischen Juden über den Holocaust hinaus.
Werner, 1926 als Sohn von Salomon und Frieda Löbl in eine gutsituierte und prominente Bamberger Industriellen- und Kaufmannsfamilie geboren, erlebt als Kind die stetig gesteigerten Demütigungen der jüdischen Deutschen durch das Naziregime bis hin zur Pogromnacht des 8. November, der Verhaftung seines Vaters und der Erkenntnis der Unmöglichkeit, in Deutschland als Jude zu leben und zu überleben.
Von den Eltern gemeinsam mit seiner Schwester Erika 1939 auf den Kindertransport nach England gesetzt, entkommt Werner der Vernichtung. Auch den Eltern selbst gelingt die Flucht über Sibirien nach Lateinamerika, wo die Familie sich wieder vereint, nachdem die Kinder drei Jahre in der Internatsschule New Herrlingen School gelebt und gelernt hatten.
Werners beruflicher Weg beginnt als Siebzehnjähriger mit einfachen Tätigkeiten in kleinen Industrieunternehmen Ecuadors. Nach dem Tod des Vaters führt der Weg in die USA und in den diplomatischen Dienst für den jungen Staat Israel. Dorthin siedelt Werner 1954, gründet mit seiner Frau Pamela eine Familie und wechselt nach 17 Jahren im diplomatischen Dienst, viele davon erneut in Süd- und Mittelamerika, in die Privatwirtschaft, gründet selbst ein Immobilienunternehmen.
Schon zuvor war er maßgeblich an der Erstellung des Nayot-Projekts, einer Jerusalemer Siedlung für Immigranten aus dem englischsprachigen Raum, und später am Bau der Nofim-Seniorenresidenz beteiligt.
Sein beruflicher Weg führt ihn zu den Rotariern, seine religiösen Überzeugungen in die erste Gemeinde des Reformjudentums in Israel.
Der interessierte Leser erlebt manch ein Déjà-vu, wenn Loval über Begegnungen mit Teddy Kollek oder Eleanor Roosevelt berichtet, vom Sinai- und dem Sechstagekrieg oder den politischen Wirren Lateinamerikas, vom ersten Auto, der Hochzeit und den Kindern.
Regelmäßig seit den fünfziger Jahren besucht Loval seine Geburtsstadt Bamberg, später auch mit seinen Kindern und Enkeln. Deren Wissensdurst zu stillen über die Geschichte dieser großen verzweigten Familie, ist sicher ein Motiv für seine hier vorliegende umfangreiche Familienbiographie, mit der er die Veröffentlichungen seines Vetters Herbert Löbl „Juden in Bamberg – Die Jahrzehnte vor dem Holocaust“ und seiner Schwester Erika „Von Bamberg nach Quito. Das Tagebuch der Erika Löbl“ ergänzt und fortschreibt. Für die Bamberger Leser sind die Kindheitserlebnisse des Autors wichtig als lebendige Berichte eines der letzten Zeitzeugen jüdischen Lebens und des Wegs in den Holocaust in Bamberg.
Die englischsprachige Ausgabe haben wir um einige Teile gekürzt, deren Inhalt mehr einer Familienchronik entsprechen. Auch aus dem Tagebuch seiner Schwester Erika, in der englischen Ausgabe umfangreich wiedergegeben, haben wir nur kleinere Episoden übernommen, da es inzwischen vollständig in deutscher Sprache vorliegt.
Ein Buch der Trauer und des Zorns über den Verlust von Heimat, Freunden und Familienmitgliedern, gleichermaßen jedoch der Lebensfreude eines selbstbewussten deutschen Europäers, der ein selbstbewusster Israeli wurde, den Blick in die Zukunft gerichtet.weiterlesen
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