Wissen verstehen
Perspektiven einer prozessualen Theorie der Erkenntnis
Produktform: Buch / Einband - flex.(Paperback)
In diesem Buch geht es um die Klärung eines zeitgemäßen,
differenzierten Begriffs von Wissen, der zwischen verschiedenen Manifestationsformen von Wissen (in den Wissenschaften, in den Praxen des Alltags, in den Künsten)
zu unterscheiden, gesellschaftliche Abhängigkeiten von Wissen zu verdeutlichen und historische Entwicklungen
von Wissen nachzuvollziehen vermag.
Der erste Teil der dreiteiligen Untersuchung fragt nach den Gründen für das Scheitern der Wissensauffassung traditioneller Prägung. In seiner paradigmatischen Umsetzung des Versuchs, Wissen durch systematische Eingrenzung auf einen äußerst eng umrissenen Bereich auf eine sichere Basis zu stellen, dient Der logische Aufbau
der Welt von Carnap als Ausgangspunkt. Die Kritik nimmt zwei grobe Stoßrichtungen ein, die diese tra-ditionelle Wissensvorstellung zunehmend unter Druck setzen. Dies wird exemplarisch an einigen Positionen gezeigt.
Zum einen wird die Art der Grenzziehung in Frage
gestellt. Rechtfertigungs- und Fundierungsprobleme machen deutlich, dass die Grenze weder mit der gebotenen
Eindeutigkeit noch mit der erwünschten Sicherheit gezogen werden kann. Die Überlegungen Wittgensteins rücken den Umstand ins Blickfeld, dass Aussagen immer
schon in einen Gebrauch eingebettet sind; Quine verweist darauf, dass sie sich nicht isoliert überprüfen lassen; Kuhn führt vor Augen, dass die Aussagensysteme von kulturellen Bedingungen abhängig sind. Zum anderen
wird der Grenzverlauf selbst thematisiert. Immer offensichtlicher zeigt sich, dass Bereiche, die mit dem bisherigen Wissensverständnis nicht erfasst werden, dennoch
als Wissen gelten müssen. Für eine Ausweitung des Wissensbegriffs sprechen Untersuchungen Goodmans, der verdeutlicht, dass sich Zeichenstrukturen nicht auf die Sprache beschränken. Mit Langer und Putnam lässt es sich nicht länger von der Hand weisen, dass auch Emotionen oder Werte Erkenntnis beeinflussen.
Dieser Auseinandersetzung entspringen nun Lösungsansätze,
die für die Entwicklung eines modernen Wissensbegriffs
richtungsweisend sind. Der zweite Teil der Untersuchung prüft stellvertretend einen provokanten Vorstoß, der Verstehen zum neuen erkenntnistheoretischen
Kernbegriff macht. Als Grundlage dient ein Vorschlag, den Goodman in Zusammenarbeit mit Elgin in seinem Spätwerk skizziert hat. Mithilfe dynamischer, zeichenbasierter Verstehensvorgänge können von vornherein
einige der Mängel des Wissensbegriffs behoben werden. Sie umfassen auch außersprachliche Bereiche, insoweit sie zeichenbasiert sind. Durch ihre Prozess-haftigkeit wird die kulturelle Wandlung deutlich. Darüber
hinaus ermöglicht der Ansatz, durch immanente Richtigkeitskriterien ohne überzogene Gewissheits- und Wahrheitsansprüche auszukommen und sich gleichzeitig nicht dem Relativismus auszuliefern. Dennoch kehren hartnäckige Probleme zurück, die bereits den Wissensbegriff
verfolgt haben. Der Entgrenzungsprozess, der schon beim Wissensbegriff zu beobachten war, verstärkt sich. Immer weitere Bereiche dringen in die Erkenntnisprozesse
ein, so dass sich das ursprüngliche Anliegen der Grenzziehung aufzulösen droht.
Der dritte Teil lenkt dann die Problemanalyse auf falsche
Einschätzungen, die sowohl in das Wissens- als auch das Verstehensmodell hineingetragen werden, die aber in Letzterem durch die innere Dynamik stärker zum Tragen kommen. Aus einem zu stark idealisierten und reduzierten Modell ergeben sich Fehlschlüsse, die in die weiteren Schlussfolgerungen übernommen werden. Im Zuge eines überhöhten Anspruchs an Klarheit und Objektivität erscheinen die tatsächlichen Zeichenbedingungen
als verunreinigende Störfaktoren und werden ausgeblendet. Erst durch einen Perspektivenwechsel, der vom einzelnen Verstehensfall aus das System konstruiert, lässt sich der gewünschte erkenntnistheoretische Neu-beginn verwirklichen.
Auf dieser Grundlage werden die Zusammenhänge zwischen Wissen und Verstehen erst sichtbar. Verstehen muss als umfassender Prozess gedeutet werden, Wissen als eine Form des Ergebnisses. Mit diesen notwendigen Revisionen innerhalb eines dynamischen Konzepts werden die graduellen Übergänge zwischen scheinbarer Objektivität und Subjektivität deutlich: Dem Ideal einer völligen Transparenz und Klarheit weicht eine prag-matische Einsicht in eine gewisse Unschärfe der Prozesse,
die nicht der Erkenntnis hinderlich, sondern ihre Voraussetzung ist. Auf der neugeschaffenen erkenntnistheoretischen
Grundlage gelingt es nicht nur, Verstehen sinnvoll zu fassen, sondern auch die Rolle eines weiten Wissensbegriffes herauszuarbeiten. Auch weitere klassische
Probleme der Erkenntnistheorie erscheinen in einem neuen Licht. Nicht zuletzt dadurch wird der Weg für eine Anbindung der Erkenntnistheorie an aktuelle, disziplinübergreifende Fragestellung wissensbezogener Prozesse eröffnet, die nun in ihrem Kontext darstellbar werden.weiterlesen
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