In diesem 1951 geschriebenen Essay wendet sich Miroslav Krleža entschieden gegen die jahrhundertealte Voreingenommenheit Westeuropas, die Kunstwerke an der Ostküste der Adria nur als »barbarische Anachronismen«, »lombardische Derivate« und »Epigonentum« zu bezeichnen. Er sieht dagegen die große Eigenständigkeit der slawischen künstlerischen, ethischen und sozialen Gedankenwelt, die Grundelemente der europäischen Zivilisation antizipiert, die im Westen erst Jahrhunderte später in Erscheinung treten. Er schildert die originale Kunstauffassung in Malerei, Bildhauerei und Architektur und hebt die Bedeutung der Glagolica als einer hochentwickelten, weitverbreiteten Literatursprache hervor. Er verweist auf die in diesem slawischen Raum stattfindende Grundsatzdebatte um die internationale Gleichberechtigung der Sprachen »bereits im 9. Jahrhundert«, erörtert den bogomilischen Protestantismus, der sich fünfhundert Jahre vor der Reformation in viel radikalerer Form zu Wort gemeldet hat als die Reformation selbst. Auch die Gold- und Silberschätze in den Kirchen und Museen Zadars, vor allem der von der angevinischen Königin Jelisava Kotromanic 1380 gestiftete Reliquienschrein des heiligen Simeon, sind Zeugnisse eines hochentwickelten Goldschmiedehandwerks, das zwar den fränkisch-karolingischen, lateranisch-benediktinischen und byzantinischen Einfluss nicht leugnen kann, aber in den psychologisch fein herausgearbeiteten Heiligenphysiognomien und der präzisen Darstellung von Details schöpferische Originalität zum Ausdruck bringt und zu höchster künstlerischer Vollendung gelangt.weiterlesen