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Zeit als Existenzform der Materie

Zum 90. Geburtstag des Ehrenpräsidenten der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. Prof. Dr. phil. habil. Dr. h.c. Herbert Hörz

Produktform: Buch / Geheftet

In dem vorliegenden Band der Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät zu Berlin e.V. haben sich Wissenschaftler, Kollegen und Freunde des herausragenden Philosophen und Wissenschaftshistorikers Prof. Dr. phil. habil. Dr. h.c. Herbert Hörz zusamrnengefunden, um ihn anlässlich seines 90. Geburtstages in Form von persönlichen Worten und wissenschaftlichen Aufsätzen zu ehren. Viele der Autoren sind Mitglieder der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, deren gewählter Präsident Herbert Hörz von 1998-2006 war, bevor er seit 2009 zum Ehrenpräsidenten ernannt wurde. 90 Jahre eines Lebens voller bewältigter Herausforderungen, engagierten Einsatzes und glänzender Erfolge liegen hinter ihm, wobei ihm nicht nur die Wissenschaft, sondern vor allem die Menschlichkeit sehr wichtig war, im persönlichen Umgang ebenso wie in Bezug auf die Entwicklungen in der Welt. Möge dieser Moment Anlass sein innezuhalten, die aktuellen Bedrängnisse des wissenschaftlichen Alltags im Trubel von Termindruck und Hektik einmal kurz beiseite zu schieben, und darüber nachzudenken, was Zeit überhaupt ist. Für Herbert Hörz ist „Zeit“ einer seiner wichtigsten Porschungsgegenstände, mit dem er sich in verschiedenen Etappen seines Wirkens intensiv beschäftigte, insbesondere im Rahmen seiner Studien zum Verhältnis von Philosophie und moderner Physik. Aus diesem Grunde wurde das Thema „Zeit als Existenzform der Materie“ aus der Vielfalt möglicher Gegenstände seines immensen Oeuvres für diesen Ehrenband ausgewählt, dessen Anliegen es ist, die Ideen und Gedanken von Herbert Hörz aufzugreifen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen und die Erkenntnisse seiner Philosophie in die nächsten Generationen weiter zu tragen. Der Band beginnt mit einer Laudatio der Präsidentin der Leibniz-Sozietät der Wisseııschaften zu Berlin Gerda Haßler, in der sie wichtige Etappen und Leistungen des Lebens und Werkes von Herbert Hörz aufzeigt. Dabei spiegeln sich Phänomene dreier verschiedener Gesellsysteme wider, die der Jubilar erlebt hat, und ihr Einfluss auf den Wisseııschaftsbetrieb. Es schließen sich persönliche Worte von drei Kollegen bzw. Kolleginnen an. Anlehnend an das Buch „Philosophie der Zeit" von Herbert Hörz (1989), der sich als Zyklen-Theorenker versteht, teilt der Technikphilosoph und langjährige Präsident der Leibniz-Sozietät Gerhard Banse seine Zeit mit Herbert Hörz in zwei „Groß“-Zyklen (1970-1992 und 1999 bis zur Gegenwart) und einen „Klein“-Zyklus (1992-1999) ein. In seinem Beitrag werden viele Erinnerungen, persönliche Bezüge, aber auch wissenschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen angesprochen. Originalbelege von Dokumenten veranschaulichen die Aussagen. Die Kognitionspsychologin Erdmute Sommerfeld und ihr Ehegatte, der Physiker Rudolf Sommerfeld, haben ihren persönlichen Brief an Herbert Hörz zum 90. Geburtstag für die Publikation zur Verfügung gestellt. Darin werden wichtige Punkte seines umfassenden und wegweisenden Wirkens, sowohl im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit als auch seiner verantwortungsvollen Funktionen in Forschung und Lehre benannt. Insbesondere wird die gemeinsame Arbeit im Ar- beitskreis „Prinzip Einfachheit“ vorgestellt. Nina Hager thematisiert in ihren „Erinnerungen an die ersten jahre“ ihre Erfahrungen mit Herbert Hörz als junge Diplom-Physikerin, die seit 1973 in seinem Bereich „Philosophische Fragen der Wissenschaftsentwicklung“ des Zentralinstituts für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR arbeitete. Für sie waren seine Unterstützung ihrer Dissertation zu philosophischen Fragen der Physik und die Diskussionen mit ihm und seiner Frau Helga Hörz zu philosophisch-weltanschaulichen Fragen ein großer Gewinn.Nach diesen persönlichen Worten folgen in einem umfangreicheren zweiten Teil des Bandes Wissenschaftliche Aufsätze von Kolleginnen und Kollegen von Herbert Hörz, die sich mit seiner Philosophie in Bezug auf die Zeit-Problematik auseinandergesetzt und eigene neue Aspekte eingebracht haben. Die Beiträge sind vom Abstrakten zum Konkreten geordnet, so dass am Anfang diejenigen stehen, die übergreifende philosophisch-physikalische Betrachtungen beinhalten, in die sich die Zeit als ein Aspekt einordnet. So zeigt der Philosoph und Physiker Rainer E. Zimmermann, was man unter „Existenzformen und Ordnungsformen der Materie“ verstehen kann und in welchem Sinne sich beide in ihrer Wirkung derart ergänzen, dass rationale Theorien über die beobachtbare Welt möglich werden. Dabei gehöre die Zeit neben dem Raum und der Materie zu den traditionellen Grundkategorien der menschlichen Weltwahrnehmung, wobei Zeit und Raum nicht voneinander zu trennen seien, wie Zimmermann konstatiert. Annette Schlemm, deren Forschungsgebiete ebenfalls die Physik und die Philosophie sind, würdigt in ihrem Aufsatz das von Herbert Hörz entwickelte statistische Gesetzeskonzept, das Notwendigkeit und Kontingenz verbindet und nicht nur Stabilität berücksichtigt, sondern auch Veränderungen im Laufe der Zeit. Besondere Aufmerksamkeit widmet sie dabei dem Gesetz der Entwicklung. Sie geht auf zwei Formen der Widerspruchslösung ein, die sich im Zeitgefüge als zwei Arten von Zeit als Ereigrıisrelation der „Dauer, Ordnung und Richtung“ im Geschehen zeigen. Nach Hörz seien diese die Zeit der Selbstreproduktion eines Systems ohne Änderung der Grundqualität (Eigenzeit) und die Zeit bei einer Änderung der Grundqualitat. Es folgen Beiträge zum Wesen, zu Eigenschaften und zu Interaktionen von Zeit mit anderen Erscheinungen und zu einzelnen Subkategorien der Zeit. John Erpenbeck, Spezialist auf den Gebieten Physik, Philosophie und Kognitionspsychologie, thematisiert „Werte als Inseln zeitlicher Stabilität im Fluss selbstorganisierter sozialer Entwicklungen“. In seinen Ausführungen zur Selbstorganisation, zu Zeithorizonten, Zeitdimensionen und Zeitbezügen bezieht er sich auf die „Philosophie der Zeit“ von Herbert Hörz (1989) und verbindet diese mit den Ideen zur Synergetik und den Sozialwissenschaften, in denen nahelegt wird, Werte als „Ordner“ sozialer Komplexität und Selbstorganisation zu verstehen. Kerstín Störl, die auf den Gebieten kognitive Linguistik und Kulturwissenschaft forscht, stellt Konzepte der Zyklizität und Linearität der Zeit in den Fokus und untersucht, ausgehend von den philosophischen Erkenntnissen von Herbert Hörz, Zeitkonzepte der andinen Philosophie, wobei sich erstaunliche Ähnlichkeiten finden, zum Beispiel in der Auffassung der Zeit als Spirale. Sie stellt allerdings wesentliche Unterschiede zwischen den traditionellen zyklischen und den okzidentalen, vorwiegend linearen, Zeirkonzepten fest, die in der Andenregion aufeinanderprallen, was bis zu interkulturellen Konflikten führen kann. Sie belegt ihre Aussagen durch Daten von ihren Feldforschungen bei Quechuas der Nación Q'irus, Region Cuzco, Peru. Schließlich werden im vorliegenden Band auch Wahrnehmungen und Ausdrucksformen von Zeit und ihren Aspekten in Literatur und Sprache thematisiert. Die Physikerin und Philosophin Nina Hager beschäftigt sich in ihrem wissenschaftlichen Beitrag „Fantasie und Zukunftsgestaltung“ mit einem Teilaspekt der Zeit, mit der Zukunft, und andererseits mit der Fantasie als Triebkraft menschlichen Erkennens. Sie zeigt anhand zahlreicher literarischer Werke des Genres Science fiction, dass Utopien das Handeln im Sinne der humanen Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse befördern können. So manche Vorstellungen, die in den fantastischen Erzählungen enthalten waren, seien später durch die Wissenschaft aufgegriffen worden. Allerdings würden heute dystopische Darstellungen dominieren. Sie greift den Gedanken von Herbert Hörz auf, dass ein Utopie-Defizit besteht, das überwunden werden muss. Nach umfassenden physikalisch-philosophischen Beiträgen, die das Wesen der Zeit und ihre Einbettung in übergreifende Kategorien thematisieren, und Aufsätzen zu Eigenschaften und Subkategorien der Zeit und zu Reflexionen der Zeit im Denken und in literarischen Ausdrucksformen, bildet ein Beitrag den Abschluss, der ein sehr wesentliches menschliches Ausdrucksmittel in den Fokus stellt: die Sprache. Zeit ist von jeher und in vielen verschiedenen Kulturen in ganz unterschiedlicher Weise mit der Sprache verwoben. Die Linguisıin und Romanistin Gerda Haßler widmet sich speziell der Verarbeitung von Zeit in der Sprache. Sie thematisiert zunächst die mit der griechischen Tradition verwurzelte Konzentration auf die Konjugationsformen der Verben bei der Erforschung des sprachlichen Ausdrucks von Zeit. Diese entspreche allerdings nicht dem Anteil der Verbformen an der sprachlichen Gestaltung zeitlicher Verhältnisse. Es gebe sowohl Verbalflexionen im Deutschen oder in den romanischen Sprachen, die andere Inhalte als Zeit ausdrückten, als auch Temporalitätsmarker, die keine Verbalflexionen sind. Die Autorin stellt fest, dass eine von der Aspektualität und Modalität getrennte Betrachtung der Temporalität für die europäischen Sprachen nicht sinnvoll und möglich ist.weiterlesen

Sprache(n): Deutsch

ISBN: 978-3-86464-254-8 / 978-3864642548 / 9783864642548

Verlag: trafo Wissenschaftsverlag

Erscheinungsdatum: 20.05.2024

Seiten: 187

Zielgruppe: Für Interessenten an Fragen der Philosophie und an Leben und Wirken von Prof. Dr. Herbert Hörz

Autor(en): Gerhard Banse, John Erpenbeck, Nina Hager
Herausgegeben von Kerstin Störl

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