Auch Gedichte können Wege der Stille sein. Das Eingangsmotto aus dem 1. Korintherbrief 13, 12 schlägt einen großen zeitlich/überzeitlichen Bogen zwischen »jetzt« und »dann«.
»Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk. Dann aber werde ich im Strome des wahren Erkennens stehen, in welchem Erkennen und Erkanntwerden eines sind.« So sind diese Gedichte auch vielfach zu lesen als feine, hauchdünne Bruchstücke, kurze Nachrichten von unterwegs, mit dem gläsernen Zauber des Jenseitigen.
Zuweilen erschlägt noch eine zu stark beladene Metapher oder ein beladenes Wort, das eher fragile Wort-Kunstwerk. Aber der Autor ist unterwegs. Das Schlussmotto von Ernst Bloch verstärkt den meditativen Charakter und das Suchende der Gedichte: »Ich bin. Aber ich habe mich nicht. Darum werden wir erst.«
Info 3, 11/2003
Wenige Jahre nach erscheinen von »Zeit T Räume« wurde mir der Wunsch, den Zyklus noch einmal zu überarbeiten zur Herzensangelegenheit. Einige Gedichte sprangen wie von selbst aus dem Buch und wurden zitiert und nachgedruckt. Es hatte also seinen Stellenwert.
Noch nie wurde es mir so deutlich wie in der Bearbeitung, welche Nähe die Gedichte zum Haiku und zum Aphorismus haben, die damals nicht beabsichtigt und heute gewollt ist. Ein schöner Augenblick, in dem ich mich mit meinen alten Gedichten selbst überrasche!
In der vorsichtigen Neubearbeitung ging es weniger um Neu- oder Umformulierungen als um Versmaß, Rhythmus und das behutsame Zurückführen in eine der ursprünglichen und damit treffenderen Fassungen. Um das wiederholte Durchleben einer Zeit, die für mich zeitlebens nicht zu Ende ist.
Manfred Grüttgenweiterlesen